Berlin, 15. März (ssl) Es steht zwar nicht im Koalitionsvertrag, aber dennoch gab sich ein CDU-Bundestagsabgeordneter sicher, dass die Straßenmaut bald auch auf den Busverkehr ausgedehnt werde. Was Flixbus-Chef Schwämmlein davon hält, sagte er bei einer Veranstaltung des „Medienforum – Tourismus Dialog“ in Berlin am Montag (12. März).
André Schwämmlein und Michael Peterson benahmen sich nicht wie Konkurrenten. Vielmehr gestanden sie bei einer Podiumsdiskussion des Deutschen Verkehrsforums in Berlin, voneinander gelernt zu haben. Sie beantworteten damit förmlich die Titelfrage: „Bahn oder Bus – Partner oder Rivale bei Reisen?“ Partner.
Schwämmlein, einer der Gründer von Flixbus , gab zu, er habe anfangs geglaubt, er könne auf Old-School-Offline-Sales wie Schalter und Automaten zum Ticketkauf verzichten. „Wir haben gelernt, dass es viele Leute gibt, die nicht im Internet buchen wollen. Jetzt können sie das in Reisebüros und an Omnibus-Bahnhöfen.“ Peterson, Marketing-Vorstand von DB Fernverkehr, gab zu, dass der Staatskonzern Lehrgeld zahlen musste, nachdem er die Fernbus-Konkurrenz anfangs nicht ernst nahm. „Das passiert uns bei der bevorstehenden Ausdehnung in die Fläche nicht wieder“, sagte Peterson.
Hauptkonkurrent ist das Auto
Jetzt, nachdem bei beiden Verkehrsträgern die Fahrgastzahlen wachsen, waren sie sich einig, dass es nicht darum gehe, Schiene gegen Straße auszuspielen, soweit es den öffentlichen Verkehr angeht. „Der Hauptkonkurrent ist das Auto.“ Der Satz dient auch der Beruhigung eventueller Marktprüfer wie der Monopolkommission. Schwämmleins Flixbus hat mit einem 93,5-prozentigen Anteil auf dem Fernbusmarkt derzeit eine Quasi-Monopolstellung, aber das ist beim Bahn-Fernverkehr ja auch nicht nennenswert anders. Der Flixbus-Chef weist im übrigen darauf hin, dass es „kein Monopol für Preise“ gebe. Stimmt. Manche Bahntickets seien billiger als Bustickets, bemerkte Verkehrswissenschaftler Christoph Gipp.
Der Bundestagsabgeordnete Michael Donth sagte zu der Monopolfrage, dass der Fernbus vielen kleinen und mittelständischen Busunternehmen Sicherheit und Berechenbarkeit ihres Geschäfts gebe, die sie vorher nicht gehabt hätten. Relativ überraschend kam die Antwort Donths auf die Frage nach der Busmaut, deren Einführung bisher stets mit dem Argument abgelehnt wurde, die zarten jungen Pflänzchen der Fernbus-Geschäftsmodelle nicht durch zusätzliche Belastungen am Wachsen zu hindern. (Flixbus nennt keine konkreten Umsatzzahlen, aber im dreistelligen Millionenbereich dürften sie liegen.) „Über kurz oder lang wird die Busmaut kommen“, sagte Donth. Es werde immer schwerer zu erklären, warum ausgerechnet Busse keine Straßennutzungsgebühr zahlen müssten, wo sie doch schon lange für Lkw und bald für Pkw gelte. Einfach werde es aber nicht, das zu strukturieren. Viele Interessengruppen spielten da hinein.
Schwämmlein konnte dies zwar nachvollziehen, gab aber zu bedenken, dass eine Verteuerung der Fernbuspreise mit einer Maut auch eine unerwünschte Lenkungswirkung habe. Andererseits zahlten Bahnunternehmen auch EEG-Umlage und Mineralölsteuer, obwohl sie umweltfreundlich agierten, das Flugzeug wiederum keine Mineralölsteuer. Peterson ergänzte, dass die Trassenpreise im DB-Fernverkehr 28 Prozent der Betriebskosten ausmachten.
Locomore-Übernahme war eher ein Gelegenheitskauf
Flixbus fährt ja jetzt auch Zug. Das Unternehmen betreibt die frühere Locomore-Verbindung Berlin-Stuttgart, die mit passenden Busanbindungen vernetzt werden soll. Daraus sollten wir jedoch nicht die Erwartung ableiten, dass sich „Flixtrain“ in Kürze zu einem größer aufgestellten DB-Konkurrenten entwickeln werde. Schwämmlein erweckte bei der Veranstaltung nicht den Eindruck, als wolle er jetzt in großem Stil auf die Schiene. Der Locomore-Betrieb sei eher „aus der Opportunität heraus“ gekommen. Das werde für Flixbus wegen der Komplexität des Systems ein „Nischenprodukt“ bleiben. Dagegen spricht er von L.A., also der Ausdehnung in die Vereinigten Staaten und dem „größten Streckennetz Europas“, auf dem er Innovationen wage. Auf der rund 150 km langen Verbindung zwischen Paris und Amiens will Flixbus jetzt chinesische Elektrobusse testweise fahren lassen.
Er habe bei deutschen Herstellern angefragt, die hätten aber abgewunken und „Kein Markt“ gesagt. Obwohl das auch bereits von großen deutschen Betreibern und aus der Politik kritisiert worden ist, beschwichtigte Donth: „Nächstes Jahr gibt‘s das.“ Mercedes hat erst vor kurzem seinen ersten vollelektrischen serienreifen Full-Size-Citaro vorgestellt.
Wohin geht die Reise? „In Deutschland kann ich keine neuen Strecken finden, deren schlummerndes Potenzial noch keiner entdeckt hat“, sagte Schwämmlein. „Ich muss sehen, dass ich den Fernbus als Alternative in die Köpfe bekomme.“ Jedesmal, wenn ein Sturmtief die Bahnverkehr lahmlege, jammerten die Leute, dass sie höchstens noch mit dem Mietwagen von A nach B kämen, weil Bäume auf den Schienen lägen. „Sie könnten einfach Fernbus fahren.“
Kein gutes Haar ließ der Flixbus-Manager am deutschen System Taxi. „Das schlechteste und ineffizienteste öffentliche Nahverkehrssystem der Welt“ nannte er es, nachdem Donth erklärt hatte, welche Nachteile Taxiunternehmer in Kauf nehmen müssten, damit ihnen ihr Beförderungsmonopol erhalten bleibe: Unbezahltes Warten an Taxihalteplätzen, Taxameter, Beförderungspflicht, besondere Ausbildung, Mindestlohn (letzteres sah er als Nachteil für die Unternehmer). Das hierzulande umstrittene Uber-System, das sich in den Vereinigten Staaten großer Beliebtheit erfreut und bereits ein eigenes Verb erschaffen hat („to uber“), bezeichnete er als „organisierten Schwarzmarkt“. Schwämmlein fand das deutsche Taxi-System dagegen nur bedingt schützenswert, unter anderem weil es zu teuer sei, für den Preis zu geringen Komfort biete und auf dem Land nicht wirklich funktioniere. Das dürfte bei Uber allerdings auch schwierig werden.