Augen auf beim Dieselkauf

UBA: Software-Update nützt kaum etwas – Hendricks: Wenn überhaupt, dann Euro-6d-Diesel kaufen

Berlin, 23. August (ssl) Das Dieselthema bleibt auf der Wahlkampf-Agenda. Fast täglich kommen neue Szenarien, Untersuchungen und Statistiken auf den Markt, die wegen ihrer unterschiedlichen Ergebnisse mögliche Kunden verunsichern. Bundesumweltministerin Barbara Hendricks riet am am Mittwoch (23. August) Autokäufern öffentlich vom Kauf von Dieselfahrzeugen mit Ausnahme solcher ab, die die neuste Norm Euro 6d erfüllten. Bei allen anderen könne trotz Software-Update nicht garantiert werden, dass sie von drohenden Fahrverboten ausgenommen würden.

Die auf dem Dieselgipfel Anfang August vereinbarten Maßnahmen zur Reduzierung der Stickoxidemissionen in Städten erzielen nicht die notwendige Wirkung, um Fahrverbote in den Städten zu vermeiden. Das ist das Ergebnis einer Studie des Umweltbundesamtes (UBA),  die dessen Chefin Maria Krautzberger und Bundesumweltministerin Barbara Hendricks am Mittwoch vorstellten. Hendricks wiederholte ihre Ansicht, dass ohne Hardwaremaßnahmen an den Fahrzeugen die Emissionen nicht ausreichend sänken, um Fahrverbote zu vermeiden.

Das Umweltbundesamt hat in der Studie für zwei Hotspots der Stickoxid-Messungen ausgerechnet, wie sich vor Ort die Belastungen ändern würden, wenn mehr als fünf Millionen Diesel mit Software-Updates ausgestattet würden und 25 Prozent der Alt-Diesel-Besitzer ihr Fahrzeug gegen ein nach den Grenzwerten „sauberes“ umtauschen würden. Krautzberger bezeichnete diese Annahmen als „sehr optimistisch“. Aber auch sie ergaben keine Werte, die die Stickoxidbelastungen grundsätzlich unter den derzeit geltenden Grenzwert von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter drücken würden. Von den 90 Städten, in denen 2016 dieser Mittelwert überschritten wurde, wären dann lediglich 20 nicht mehr über dem Grenzwert.

An der Landshuter Straße in München, dem mit 80 Milligramm pro Kubikmeter am zweithöchsten belasteten Messpunkt in Deutschland, würden die Belastungen unter den genannten Voraussetzungen um etwa fünf Milligramm sinken. An der Parcusstraße in Mainz, die zurzeit mit 53 Mikrogramm auch noch in der Spitzengruppe, aber näher am Grenzwert liegt, lediglich um zwei Milligramm. Dabei fällt der Flottentausch durch die Prämie nur marginal ins Gewicht.

Bei „natürlichem Flottenwechsel“ in drei Jahren minus 15 mg

Krautzberger wies noch darauf hin, dass der „natürliche Flottenwechsel“, also das normale Auslaufen der Euro5/6-Fahrzeuge bei einer durchschnittlichen Nutzungsdauer dazu führen würde, dass die Stickstoffbelastung bis 2020 um 15 Milligramm sänke, wenn sonst keine weiteren Maßnahmen ergriffen würden. Auch damit würden aber noch rund 20 Städte im roten Bereich bleiben. Dieselfahrzeuge der Eurogruppen eins bis drei wurden in der Studie gar nicht erst herangezogen, weil sie in der Regel mangels passender Plakette schon jetzt nicht mehr in den Umweltzonen der Innenstädte fahren dürfen.

Zum Thema „blaue Plakette“ sagte Hendricks, es sei ihr egal, ob es eine blaue Plakette für saubere Fahrzeuge gebe oder nicht, aber eine Kennzeichnung derjenigen Fahrzeuge, die bei einem Dieselfahrverbot in die Städte fahren dürften, sei unumgänglich. Sie vertrat auch die Ansicht, dass es – wie in den bestehenden Umweltzonen – Ausnahmen geben müsse.

Der Dieselgipfel hatte auch eine Arbeitsgruppe vereinbart, die sich bis zum Folgegipfel damit beschäftigt, wie andere Maßnahmen die Luft in den Städten verbessern können. Das betrifft etwa Ampelschaltungen, den öffentlichen Personennahverkehr, aber auch Baufahrzeuge, die sehr häufig Schadstoffe und Feinstaub weit jenseits aller Grenzwerte emittieren.

Zeitgleich meldete sich auch der Verband der Automobilindustrie (VDA), dessen große deutsche Mitglieder auf dem Dieselgipfel eine Hardware-Nachrüstung, etwa in Form einer Adblue- (Harnstoff-) Beimischung, für die bestehende Flotte rundweg abgelehnt hatten. Er nannte Forderungen über Software-Updates, Fonds für öffentliche Maßnahmen und Umtauschprämie hinaus „dem Wahlkampf geschuldet“ und führte eigene Berechnungen an, nach denen die NOx-Emissionen bei Umsetzung aller drei Maßnahmen „bis Anfang 2019 um 12 bis 14 Prozent im Vergleich zu 2017“ sinken könnten.