Der Berliner Hauptbahnhof feiert zehnjährigen Geburtstag
Berlin, 28. Mai (ssl) Der Berliner Hauptbahnhof ist zehn Jahre alt geworden. Grund genug für die Deutsche Bahn, ein Fest zu feiern an diesem Wochenende. Abgesehen von den mehrfach durchgenommenen Superlativen wie „größter Kreuzungsbahnhof Europas“ lobten die Festredner am Sonnabend zu Recht, dass die Station inzwischen zu einem unverzichtbaren Knoten- und Anziehungspunkt im Nordosten der Bundesrepublik gereift ist. Nur Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel streute ein bisschen Konfliktstoff in die Feierstimmung, indem er die Forderung wiederholte, alle Fernzüge auf der Stadtbahn sollten doch bitte zusätzlich auch noch im Bahnhof Zoo und im Ostbahnhof halten.
Der Verzicht auf Fernzug-Halte im Bahnhof Zoo war 2006 einer der Hauptkritikpunkte am Bahnkonzept für Berlin, dessen zentraler Knoten eben der Hauptbahnhof sein sollte und es nun auch ist. Das Konzept hatte dagegen Fernbahnhöfe anderswo zur Folge, nämlich in Spandau und Südkreuz. Aus der fahrplantechnischen Aufwertung des Bahnhofs Zoo wird also erst mal nichts werden. „Es gibt keine Pläne dafür“, sagte der Vorstandsvorsitzende von DB Station und Service, André Zeug, auf Nachfrage. „Dann kann er die Pünktlichkeit vergessen“, hieß es inoffiziell mit Blick auf Geisel. Die Stadtbahntrasse zwischen Ostbahnhof und Charlottenburg ist bereits eine der meistbefahrenen Schienenstrecken der Republik, obwohl auf ihr ausschließlich Personenzüge fahren.
Bahnspitzenmanager ließen die Frage offen, ob vielleicht Dritte – also andere Bahnunternehmen – sich darum bemühen könnten, ihre Züge am Zoo halten zu lassen. Auch davon sei aber derzeit nichts bekannt. Rein vom Gefühl her müsste mit der derzeitigen Aufwertung der City West durch moderne Hotelbauten wie das Waldorf und Einkaufsmeilen wie das Bikini-Haus und viele andere, die gerade im Bau sind, ja auch die Nachfrage steigen. Da aber der private Schienenfernverkehr in Deutschland derzeit nicht gerade boomt, ist wohl auf absehbare Zeit nicht damit zu rechnen. Immerhin wird der Bahnhof Zoo zurzeit mit einer Komplettrenovierung der Zoo-Terrassen, anschließend der Bahnhofshallen und einer modernisierten Brandschutzanlage aufgewertet, um mit dem gehobenen Standard der Bauten, Läden und Hotels der Umgebung mithalten zu können.
Doch zurück zum Hauptbahnhof. Alle Redner wiesen darauf hin, dass der Bau seinerzeit in eine Brache ohne nennenswerte Urbanität gesetzt worden ist, inzwischen aber – wie viele große Bahnhöfe vor mehr als 100 Jahren auch – Hotels und Geschäfte angezogen habe. Geisel ging auch auf die Kritik an der recht eintönigen Architektur der umliegenden neuen Gebäude ein, die sowohl die Sicht auf die architektonische Landmarke Hauptbahnhof verstellen, aber selbst keinerlei Attraktion an sich darstellen. Er versprach, dass es besser werden solle: Der Hauptbahnhof werde der Eingang zur neuen Europa-City: „Freuen Sie sich darauf, was hier entsteht!“, forderte er das Publikum auf.
Der Architekt des Hauptbahnhofs, Meinhard von Gerkan, war trotz Ankündigung nicht bei der Feierstunde zugegen, laut Zeug, weil er mit dem Flugzeug kommen wollte, aber in Venedig festsitze. Auch der frühere Bahnchef Hartmut Mehdorn fehlte. Von Gerkan hatte sich vor und nach der Einweihung des Bauwerks heftige Scharmützel mit Mehdorn geliefert, weil dieser die Decke im Untergeschoss eigenmächtig „entfeinert“ hatte und die Dächer über den Stadtbahnsteigen deutlich kürzer hatte ausführen lassen als von Gerkan vorgesehen. Das sei aber inzwischen ad acta gelegt, sagte Grube. Dort liegt übrigens auch der Streit darüber, wie der Bahnhof heißen solle. Mehdorn hatte sich seinerzeit über Umfrageergebnisse hinweggesetzt, denen zufolge er wie einst eine andere Station und der S-Bahnhof an derselben Stelle „Lehrter Bahnhof“ heißen solle. Diese Bezeichnung findet sich nun noch am S-Bahnsteig, aber das war es dann auch. Selbst der bei Namensgebungen recht eigenwillige Berliner Volksmund spricht nicht mehr von Lehrter Bahnhof.
Verkehrsstaatssekretär Michael Odenwald schließlich nannte einige neue Zahlen zu den Kosten der verkehrlichen Vereinigung Deutschlands. Das „Pilzkonzept“ der bahntechnischen Erneuerung des Berliner Bahnnetzes habe rund 5,5 Milliarden Euro gekostet. Die Kosten des Bahnhofs mit der näheren Anbindung waren bei der Einweihung mit rund 1,2 Milliarden angegeben worden. Insgesamt sind laut Odenwald mit den Verkehrsprojekten Deutsche Einheit rund 20 Milliarden Euro für das Zusammenwachsen der beiden deutschen Staaten auf der Schiene ausgegeben worden. In dieser Zahl sei die Fertigstellung der Strecke München-Berlin bereits enthalten, sagte Odenwald. Sie soll Ende 2017 in Betrieb gehen und dann die Fahrzeit zwischen Berlin und München im besten Fall auf 3:45 Stunden verringern.