Deutliche Mehrheit der Schweizer für Bahn-Infrastrukturfonds

62 Prozent befürworten Lösung für stabiles Finanzierungsmodell (aktualisiert mit Zitaten des Schweizer Botschafters in der Bundesrepublik im ersten und vierten Absatz)

Der Bahninfrastrukturfonds (BIF) der Schweiz.
Der Bahninfrastrukturfonds (BIF) der Schweiz.

Berlin, 9. Februar (ssl) Im Windschatten der Volksabstimmung “Gegen Masseneinwanderung” hat sich das Wahlvolk der Schweiz am Sonntag mit einer überraschend deutlichen Mehrheit von 62 Prozent der Stimmbürger für die Schaffung eines milliardenschweren Schienenfonds ausgesprochen. Damit ist die Finanzierung der Infrastruktur auf Jahre hinaus gesichert und von haushaltspolitischen Überlegungen des Parlaments weitgehend unabhängig.Der Schweizer Botschafter Tim Guldimann würdigte die Entscheidung: Mit der Zustimmung verfüge die Schweiz „über eine zukunftsträchtige, nachhaltige Finanzierung“.Gegen die Vorlage stimmten dem vorläufigen amtlichen Endergebnis zufolge lediglich die Bürger des Kantons Schwyz mit 50,5 Prozent. In Basel-Stadt, im Tessin, in Waadt und in Genf erreichte die Zustimmung sogar Quoten jenseits der 70-Prozent-Marke. Die Wahlbeteiligung lag mit 55 Prozent über dem Durchschnitt.

Zentrales Element des Gesetzes zu „Finanzierung und Ausbau der Bahninfrastruktur“ der Schweiz (FABI) ist ein Bahninfrastruktur-Fonds (BIF). In ihn fließen Einnahmen aus Lkw-Maut, Mineralöl- und Mehrwertsteuer, allgemeine Bundesmittel, Beiträge der Kantone sowie Einnahmen aus einer Senkung der Abschreibungsmöglichkeiten für Fahrtkosten. Bis die Zinsen für die Kredite für den Bau der großen alpenquerenden Tunnel abbezahlt sind, wird darüber hinaus die Mehrwertsteuer leicht erhöht. Insgesamt sollen so jährlich rund fünf Milliarden Franken (4,1 Mrd. Euro) in den Fonds fließen. Bezahlt werden mit den Mitteln der Substanzerhalt und der Betrieb der Infrastruktur und ihr Ausbau. Außerdem zahlt der Fonds Zinsen und Tilgung für die erwähnten Kredite und gibt Vorschüsse auf künftige Projekte, bis von dort Einnahmen kommen, etwa in Form von Trassengebühren.

Guldimann erklärte, mit der Entscheidung werde die bisherige Verkehrspolitik der Schweiz bestätigt. „Mit dem Ja zur NEAT (1992), zur LKW-Maut (1994) und zum FinöV-Fonds (1998) ermöglichten Volk und Stände den Bau der Eisenbahn-Großprojekte und schufen die Basis für die Schweizer Verkehrspolitik mit den beiden Hauptzielen einer Verlagerung des Güterverkehrs von der Strasse auf die Schiene und einem leistungsfähigen, effizienten Personenverkehr.“ NEAT (Neue Eisenbahn-Alpentransversale) sind die großen Tunnels unter Gotthard und Simplon, der FinöV-Fonds ist ein zur Tunnelfinanzierung zeitlich begrenzter Vorläufer des BIF.

In Deutschland wird über eine derartige Lösung der massiven Finanzierungsprobleme beim Erhalt des Schienen- und Straßennetzes ebenfalls diskutiert, aber Regierung wie Parlament stehen ihr skeptisch gegenüber, während zahlreiche Interessenvertreter sie befürworten – etwa der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen, das Deutsche Verkehrsforum und die Deutsche Bahn. Immerhin haben sich Union und SPD in ihrer Koalitionsvereinbarung auf folgende Passage geeinigt: “Zur Sicherstellung einer nachhaltigen Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur sowie zur Gewährleistung überjähriger Planungs- und Finanzierungssicherheit werden im Bundeshaushalt die notwendigen haushaltsrechtlichen Voraussetzungen geschaffen. Nicht verbrauchte Investitionsmittel im Verkehrsbereich werden überjährig und ungekürzt zur Verfügung gestellt.”