Bei Vorstellung einer induktiven Ladestation für Berliner Modellprojekt
Berlin, 18. März (ssl) Verkehrs-Staatssekretär Rainer Bomba hat am Mittwoch in Berlin eine Wette riskiert: „In 20 Jahren werden wir im öffentlichen Personnennahverkehr ganz klar elektrisch fahren.“ Bei der Vorstellung einer induktiven Ladestation für ein Stadtbus-Modellprojekt in Berlin, präzisierte der 51-jährige, kein Stadtbus werde in 20 Jahren mehr mit Diesel fahren. „Da wette ich.“
Die übrigen Prominenten bei der Vorstellung schwiegen zu der Wette, es wäre für sie auch nicht politisch korrekt gewesen, die Gegenposition einzunehmen. Vielmehr war Zufriedenheit in ihren Gesichtern zu lesen, weil das Projekt nach diversen Anfangsschwierigkeiten nun im Plan ist: Im Sommer soll die Linie 204 die erste vollkommen elektrisch betriebene innerstädtische Omnibuslinie Deutschlands werden, wie BVG-Chefin Sigrid Nikutta stolz verkündete. Dazu werden an den Endhaltestellen Südkreuz und Zoologischer Garten sowie im Betriebshof Indira-Gandhi-Straße induktive Ladestationen in den Beton der Haltestellen-Bucht eingebaut. Dort sollen die vier Busse genug Strom tanken können, um mindestens die einfache Fahrt von 6,1 Kilometern, notfalls aber auch Hin- und Rückfahrt absolvieren zu können, wie BVG-Bus-Chef Martin Koller sagte.
Professor Dietmar Göhlich von der Technischen Universität, die das Projekt im Rahmen des „Schaufensters Elektromobilität“ wissenschaftlich begleitet, nannte das Ladesystem „state of the art“ und betonte, dass es sich um „grünen“ Strom handele. Jérémie Desjardins vom Ladesystem-Hersteller Bombardier versicherte, dass bei der Ladung keinerlei Gefahren für die Passanten oder Passagiere ausgehe, da das Magnetfeld, das dafür aufgebaut werde, schwächer sei als bei induktiven Herdplatten. Dank der Technologie könnten die Batterien kleiner gehalten werden als bei Bussen, die nur im Depot aufgeladen werden könnten.
Der Bund fördert den Modellversuch mit 4,1 Millionen Euro, das Land mit weiteren zwei Millionen. Koller bezifferte den Preis eines Busses mit rund 750.000 Euro, etwa das Dreifache eines normalen Diesel-Stadtbusses. Hersteller ist die polnische Firma Solaris, die Antriebstechnik stammt von Vossloh-Kiepe. Vergleichbare Projekte gibt es in Braunschweig und Mannheim und im belgischen Brügge.
Der hohe Preis ist laut Koller dem Umstand geschuldet, dass es sich praktisch um handgefertigte Einzelstücke handele. Desjardins sagte, mit steigender Zahl sinke auch der Preis. Im übrigen dürfe man nicht nur auf das Preisschild sehen. Den hohen Kosten stünden mit – je nach Verkehrs- und Wetterlage – 1,3 bis 1,8 Kilowattstunden günstigerer Energieverbrauch, geringere Wartungskosten und möglicherweise eine längere Lebensdauer der Elektrobusse gegenüber. Der Modellversuch ist auf ein Jahr angelegt, aber „wir fahren die Busse danach, bis sie zusammenbrechen“, sagte Koller. Mit acht Jahren für die Prototypen werde fest gerechnet. Die Lebensdauer eines normalen Busses im BVG-Bestand liege bei etwa zehn Jahren.
Koller war etwas zurückhaltender im Hinblick auf Bombas Wette: „Wenn wir in 20 Jahren keine Dieselbusse mehr fahren wollen, müssten wir in zehn Jahren den letzten bestellen“, sagte er und wog den Kopf ein wenig. Aber wenn Bomba von Fristen redet, weiß er, was er tut: Er sitzt für den Bund im Aufsichtsrat des Flughafens BER.