Berlin, 29. April (ssl) Eine glänzende Jahresbilanz für 2013 und beste Aussichten für 2014 hat die deutsche Luft- und Raumfahrtindustrie am Dienstag in Berlin präsentiert. Mit 30,6 Milliarden Euro Jahresumsatz, 7,8 Prozent mehr als 2012, überschritt die Branche nach Angaben des Präsidenten des Bundesverbandes der deutschen Luft- und Raumfahrtindustrie (BDLI), Bernhard Gerwert, zum ersten Mal die 30-Millionen-Marke. Zugleich erreichte auch die Beschäftigtenzahl mit 105.000 einen Rekordstand. Das ist überwiegend dem Boom in der Zivilluftfahrtindustrie zu verdanken.
Die Branche ist in hohem Maß von der Entwicklung beim größten europäischen Flugzeughersteller abhängig. Etwa 70 Prozent des Umsatzes werden durch Airbus generiert. Gerwert, der auch Vorstandschef von Airbus Defence and Space ist, wies dazu auf den hohen Absatz von Airbus-Flugzeugen hin. 626 Maschinen lieferte der europäische Konzern im vergangenen Jahr aus. Der Auftragsbestand belaufe sich auf 5.559 Maschinen, sagte Gerwert: „Unsere Werke sind für acht Jahre ausgebucht. Welche Industrie kann das schon von sich behaupten?“
Die Triebwerksindustrie, die in Deutschland mit MTU und Rolls-Royce auch prominent vertreten ist, verzeichnete ebenfalls hohe Zuwachsraten. Bei MTU seien 5.200 Triebwerke einer neuen Generation bestellt worden, wie sie etwa im Airbus A320neo verbaut wird. Rolls-Royce habe im vergangenen Jahr 626 Triebwerke gefertigt, was ein Absatzplus von 14 Prozent bedeute.
Auch die meist mittelständisch aufgestellte Zulieferindustrie verzeichnete laut Gerwert einen Umsatzzuwachs um etwa 12 Prozent auf 9,3 Milliarden Euro. Daran sei erkennbar, dass sie sich über die Zulieferung zu Airbus hinaus auf dem internationalen Markt behaupten könne.
Weniger optimistisch äußerte sich Gerwert über die Militärsparte der Branche. Sie schrieb zwar 2013 auch positive Zahlen mit einem Umsatzzuwachs um 7,2 Prozent auf 6,8 Milliarden Euro und einer Zunahme der Beschäftigtenzahl um 1,9 Prozent auf 22.200. Aber zwei Drittel der Firmen der Branche hätten sich „kritisch bis negativ“ über die Zukunft geäußert. Neue Aufträge blieben aus, die Reduzierung der Flotten bei den Luftwaffen führe zur Verringerung der Wartungsaufträge, und neue Entwicklungen seien nicht in Sicht, abgesehen von einem europäischen Drohnen-Projekt. Gerwert warnte vor einem Verlust der technologischen Kompetenz. Zudem sei denkbar, dass sich bei einer weiteren Verschärfung der Ukraine-Krise Umsatzverluste ergeben könnten, wenn die Industrie nicht mehr nach Russland liefern dürfe.
Das gilt in verstärktem Maß für die Raumfahrt. „Alle Produkte der deutschen Raumfahrtindustrie haben amerikanische Komponenten verbaut“, sagte Gewert. Wenn die USA Handelsbeschränkungen verhängten, könne das erhebliche Auswirkungen auf die deutsche Raumfahrtindustrie haben, weil Russland ein wichtiger Kunde sei. Ansonsten schrieb die Raumfahrt 2013 zwar nicht so gute Zahlen; Gerwert sprach dennoch von einem „Erfolgkurs“, weil der zu verzeichnende Umsatzrückgang von einem Prozent auf 2,4 Milliarden Euro auf einem Sondereffekt bei der Umstrukturierung eines großen Herstellers beruhe. „Die High-Tech-Initiative der Bundesregierung greift“, lobte er. Zugleich forderte er aber, dass die deutsche Industrie an den anstehenden Entwicklungen der Ariane-5ME- und der Ariane-6-Raketen „angemessen beteiligt“ werde.