Meine Lektüre im Winter 2024/2025 – Folge 17 des Lesetagebuchs
The wide open range: Cariboo Chilcotin im Jahr 1974.
Berlin, März 2025 (ssl) Eine Straße als Hauptperson eines Buches gibt es selten. Dieses Buch überfliegt hundert und mehr Jahre der westkanadischen Siedlungsgeschichte durch Europäer und hat mir den Frühling weiter verschönt. Ansonsten reicht das Spektrum meiner Lektüre im vergangenen Winter von (natürlich!) Eisenbahngeschichten über weitere Einsichten hinter die Kulissen der deutschen literarischen Elite der 1960-er bis 1980-er Jahre bis zur (leicht zensierten) Weltliteratur.
Es war wie immer sehr erbaulich, aber ich muss feststellen, dass der Stauraum für Bücher immer knapper wird. Denn mein ursprünglicher Anlass für diese Reihe zu Beginn der Corona-Epidemie ist dahin. Er lautete, „endlich“ die Bücher zu lesen, die sich im Bestand finden. Inzwischen bin ich geradezu süchtig nach Neuerscheinungen und -entdeckungen und weiß nicht mehr, wohin mit den Büchern.
Liebe Verlage, wenn Sie hier auch erscheinen wollen – nur zu. Senden Sie mir Ihr Programm: thomas.rietig@rsv-presse.de Ich bestelle garantiert nur Rezensionsexemplare, von denen ich mir Lesegenuss verspreche. Jedes davon bekommt eine eigene Besprechung von ca. 3.000 bis 5.000 Zeichen plus Buchdeckelbild und eine Kurzrezension in der Zusammenfassung. Zur Systematik (oder besser gesagt: Anarchie) der Buchauswahl finden Sie etwas am Ende des Posts.
(149) Brooks, Sarah: Handbuch für den vorsichtigen Reisenden durch das Ödland. Aus dem Englischen von Claudia Feldmann
Gelesen als: München: C. Bertelsmann – Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH 2024. 416 Seiten, gebunden, Schutzumschlag, Lesezeichen. ISBN 978-3-570-10500-9, 24,– €.
Über die Autorin: Brooks „hat in China, Japan und Italien gearbeitet und ist nun an der Universität von Leeds tätig“ (Waschzettel).
Inhaltsangabe: Ein Fantasieroman über eine Reise in einem ganz besonderen Transsibirien-Express Ende des 19. Jahrhunderts. Brooks nimmt den Leser mit in einen Science-Fiction-Zug voller merkwürdiger Menschen, in dem theoretisch autarkes Leben möglich ist. Sie fahren durch ein Land (irgendwie komisch, dass es im heutigen Russland angesiedelt ist) voller naturgemachter Gefahren, die sich erbarmungslos entfalten, sobald sich in der autarken rollenden Festung nur der kleinste Riss zeigt.
Anlass der Lektüre: Geschenk.
Bewertung: Lesespaß auch für Nicht-Bahnfans. Der Waschzettel übertreibt kaum: „Für ihren Debütroman …, der schon vor Veröffentlichung für große Begeisterung gesorgt hat, wurde sie (Brooks) mit dem Lucy Cavendish Fiction Prize ausgezeichnet.
(150) Kehlmann, Daniel: Sorgt, dass sie nicht zu zeitig mich erwecken – Essays und Reden
Gelesen als: Hamburg: Rowohlt Verlag 2025. 304 Seiten, gebunden, Schutzumschlag, Lesezeichen. ISBN 978-3-498-00266-4, 25,– €.
Über den Autor: Kehlmann (*1975 München) ist ein vielfach ausgezeichneter Schriftsteller. „Die Vermessung der Welt“ (2005) gilt als einer der meistgelesenen zeitgenössischen deutschen Romane.
Inhaltsangabe: Das Buch versammelt Reden und Essays Kehlmanns, zum Beispiel aus Anlass von Preisverleihungen oder Jahrestagen. Sie beschäftigen sich mit Klassikern der Vergangenheit, aber auch der Moderne und ihren Wirkungen in die Gesellschaft hinein.
Anlass der Lektüre: Geschenk.
Bewertung: Gut geschrieben, sehr lesbar, motiviert zu weiterer Lektüre, macht nachdenklich.
(151) Rudiš, Jaroslav (Hg.): Gleise, die die Welt bedeuten – Die schönsten Zugabenteuer nah und fern
Gelesen als: München: Malik (=Piper) Verlag GmbH 2024. 252 Seiten, broschiert, 38 Abbildungen. ISBN 978-3-8909295961, 18,– €.
Über den Herausgeber und die Autoren: Rudiš (geb. 1972) ist ein etablierter Schriftsteller, der gerne über Eisenbahnthemen schreibt, z.B. hier: https://schienestrasseluft.de/2022/10/08/viel-abenteuer-und-ein-klassiker-aus-weimar/ versammelt in diesem Buch Beiträge der Gewinnerinnen und Gewinner des Schreibwettbewerbs des Malik-Verlages zum „Tag der Schiene“.
Inhaltsangabe: Die Beiträge erzählen von Traumreisen, etwa mit dem Pacific Surfliner, oder anderen, nachdenklich machenden Bahnerlebnissen, etwa bei einer Alpenüberquerung nach Norden und einer Grenzkontrolle vor Rosenheim. Sie geben unterschiedliche tiefe Einblicke in die Welt der Eisenbahn, des globalen Reisens, aber auch der aktuellen globalen Transformation.
Anlass der Lektüre: Geschenk.
Bewertung: Für Leute, die sich manchmal in ihrer Blase gefangen fühlen, eine interessante Lektüre. Und natürlich weitere Anregungen fürs Fernweh.
(152) French, Howard W.: Afrika und die Entstehung der modernen Welt – Eine Globalgeschichte
Gelesen als: Stuttgart: Klett Cotta 2023. 508 Seiten, broschiert, 302 Seiten, Abbildungen und Karten. ISBN 978-3-608-98819-2, 22,– €. Originalausgabe: New York: Liveright Publishing Company 2021, unter dem Titel: Born in Blackness. Africa, Africans, and the Making of the Modern World.
Über den Autor: French (geb. 1957) ist ein US-amerikanischer Journalist, Autor und Fotograf sowie Professor für Journalismus an der Columbia University Graduate School of Journalism. Er war ein langjähriger Auslandskorrespondent der New York Times in West- und Zentralafrika und Südostasien.
Inhaltsangabe: Die Kulturgeschichte Afrikas und die Rolle seiner Bevölkerung bei der Kolonialisierung und dem Aufstieg der Kolonialherrschaftsländer zu Weltmächten, der jeweils ohne den Sklavenhandel nicht möglich gewesen wäre. Grundtenor des Buches ist nicht nur das, sondern der Umstand, dass Afrika eben nicht nur eine Landmasse war, die den Entdeckern und Ausbeutern Europas bei der Kolonialisierung Asiens gewissermaßen im Weg war, sondern einen großen Beitrag zur „Entstehung der modernen Welt“ geleistet hat, der lange Zeit unter dem Radar der europäischen Geschichtsschreibung gehalten wurde.
Anlass der Lektüre: Geschenk.
Bewertung: Ein wichtiges, noch dazu lesbar geschriebenes Buch mit reichlich Verweisen auf Quellen und weiterführende Lektüre, das die auch heute noch vorherrschende eurozentrische Sicht der Weltkulturgeschichte ein wenig korrigiert.
(153) Knipp, Kersten: Paris unterm Hakenkreuz – Alltag im Ausnahmezustand
Gelesen als: Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgemeinschaft wbg 2020. 480 Seiten, gebunden, Schutzumschlag, Lesezeichen, zahlreiche Abbildungen und Karten. ISBN 978-3-8062-4109-9, 13,95 €
Über den Autor: Knipp (geb. 1966) hat Romanistik studiert. Er ist Journalist, arbeitet unter anderem für den Deutschlandfunk und Publizist. Seine Schwerpunkte sind Kultur- und Zeitgeschichte sowie Politik in der romanischen und arabischen Welt. (Klappentext)
Inhaltsangabe: Die Entwicklung der Konflikte, aber auch der Zusammenarbeit der französischen Behörden und der deutschen Besatzungsmacht im Zweiten Weltkrieg. Knipp schildert sowohl den deutschen als auch den französischen Blickwinkel und die Versuche der Aufarbeitung der Kollaboration nach der Befreiung.
Anlass der Lektüre: Allgemeines Interesse an der jüngeren deutsch-französischen Geschichte.
Bewertung: Erwartet hatte ich, dem Titel entsprechend, eine Art Genrebild der französischen Hauptstadt während der deutschen Besetzung. Bekommen habe ich eine, allerdings umfangreiche Aufarbeitung der gesamten Geschichte der Besetzung Frankreichs. Deshalb waren weder Zeit noch Geld für das Buch eine Fehlinvestition. Manchmal klingt es seltsam, dass ausgerechnet ein Deutscher sich auf deutsch mit diesem für Frankreich nicht gerade ruhmreichen Abschnitt seiner Geschichte befasst. Die Lektüre ergänzt das Bild, das sich ansatzweise auch schon aus dem Bestseller „Marseille 1940“ von Uwe Wittstock von 2024 (#133, https://schienestrasseluft.de/2024/09/09/vom-13-bis-zum-21-jahrhundert/) ergibt.
(154) Winkler, Willi: Kissinger & Unseld – Die Freundschaft zweier Überlebender
Gelesen als: Berlin: Rowohlt Berlin Verlag 2024. 302 Seiten, gebunden, Schutzumschlag, Lesezeichen. ISBN 978-3-7371-0219-3, 24 €
Über den Autor: Winkler (geb. 1957) ist Autor, Übersetzer (siehe #155) und Journalist, unter anderem für die „Zeit“, die „Süddeutsche Zeitung und war Kulturchef beim „Spiegel“.
Inhaltsangabe: Das „Doppelporträt“ (Klappentext) der beiden Titelpersonen zeichnet eine eigenartige Beziehung und Freundschaft nach. Sie basiert unter anderem auf dem von Kissinger eingerichteten International Seminar in Harvard, eine Maßnahme, die unter den augenblicklichen politischen Umständen schwer denkbar wäre, vor allem weil es Kissinger darum ging, eine amerikakritische westdeutsche literarische und politische Szene von den Vorzügen der US-Demokratie zu überzeugen.
In die renommierte Universität lud der in Fürth geborene nachmalige Außenminister der Vereinigten Staaten also deutsche Autoren ein. Die objektive begrüßenswerte Art dieser psychologischen Kriegführung klappte nicht immer, aber manchmal, und war besonders während des Vietnamkrieges sehr schwierig. Zugleich bietet das Buch einen tiefen Einblick in die (west)deutsche Verlagsszene und ihre intellektuelle Hochzeit, die Unselds Suhrkamp-Verlag wesentlich mitbestimmte, unter anderem mit literarischen Größen wie Hans Magnus Enzensberger, Uwe Johnson und Max Frisch. Es ergänzt damit sehr gut den 2022 veröffentlichten Briefwechsel zwischen Ingeborg Bachmann und Frisch (siehe #95, https://schienestrasseluft.de/2023/04/ )
Anlass der Lektüre: Im Buchladen gesehen und gekauft. Während meiner Zeit in Frankfurt bin ich öfter allein zum Schwimmen ins Hausener Schwimmbad gegangen und durfte dort parallel mit Unseld Trainingsbahnen ziehen.
Bewertung: Für Liebhaber der Nachkriegsliteratur und Johnson- oder Enzensberger-Fans hochinteressant.
(155) Huxley, Aldous: Along the Road – Aufzeichnungen eines Reisenden. Übersetzt von Willi Winkler (siehe auch #154)
Gelesen als: Berlin: Rowohlt Verlag 2024. Deutsche Erstausgabe. Hardcover mit Lesezeichen, 288 Seiten, ISBN 978-3-7371-0192-9, 25 €
Über den Autor: Aldous Huxley (1894 Godalming, Surrey (England) – 1963 Los Angeles) wurde vor allem berühmt durch seinen dystopischen Roman „Schöne neue Welt“ (1932). Er wurde in eine Familie der englischen intellektuellen Elite geboren. Er verbrachte zwischen den Kriegen einige Jahr in Italien, das er wegen des im Vergleich zu England freundlichen Klimas schätzte, aber wegen des Faschismus verließ. Anschließend lebte er in Südfrankreich, wo er den weltbekannten Roman schrieb, der bei den Nazis verboten wurde. Vor diesen floh er 1937 nach Los Angeles, und während und nach dem Zweiten Weltkrieg wandte er sich immer mehr buddhistischen Lehren und der Mystik zu. (https://de.wikipedia.org/wiki/Aldous_Huxley)
Inhaltsangabe: Der 100 Jahre alte Text überrascht durch teils immer noch gültige Erkenntnisse. Huxley und seine Frau fuhren mit dem Auto(!), einem 10-PS-Citroen. Sie musste fahren, weil er unter einer Augenkrankheit litt, was er aber verschweigt. Dafür gesteht er etliche Marotten, zum Beispiel die, auf jede Reise einen Band der Encyclopedia Britannica als Lektüre für langweilige Stunden mitzunehmen. Das Buch enthält neben Reiseberichten Nachdenkliches über den beginnenden Massentourismus, grundlegende Überlegungen zum Reisen und der daraus resultierenden Bildung. Viel über italienische Landschaften und Maler, vor allem aus einer schon elitären, teils satirischen, aber sehr wissensbasierten Perspektive.
Anlass der Lektüre: Geschenk.
Bewertung: Sehr lesenswert, besonders wegen des satirisch-ironischen Stils und seiner Beschreibung der italienischen Landschaften und der mit ihr verbundenen Renaissance-Malerei. Von dem Einfluss der Eugenik merkt man nichts, bis man die Anmerkungen liest, in denen der Verlag sehr versteckt mitteilt, dass zwei Textstellen z. B. „wegen eines zeittypischen antisemitischen Stereotyps“ gestrichen wurden – eine Maßnahme, die ich persönlich missbillige, erst recht, wenn sie so verstohlen daherkommt.
Im Internet ist der ungekürzte Originaltext frei zugänglich (https://www.fadedpage.com/showbook.php?pid=20231239). Einzelheiten hier: https://schienestrasseluft.de/2025/03/14/aldous-huxley-ein-fresko-und-die-eugenik/#more-2718
Ausführlichere Rezension: https://schienestrasseluft.de/2025/03/14/aldous-huxley-ein-fresko-und-die-eugenik/
(156) Hawes, James: Die kürzeste Geschichte Deutschlands
Gelesen als: Berlin: UllsteinTaschenbuch 06043, 18. Auflage 2024. 335 Seiten, broschiert, zahlreiche Abbildungen und Karten. ISBN 978-3-548-06043-9, 13,99 €. Englische Originalausgabe: The Shortest History of Germany. 2017: Old Street Publishing Ltd., Yowlestone House, Devon
Über den Autor: Hawes (geb. 1960 in Wiltshire) ist in britischer Schriftsteller, der am University College in London 1989 mit einer Arbeit über Nietzsche und die deutsche Literatur an der Jahrhundertwende (zum 20. Jh.) promoviert wurde. Er hat mehrere Romane und populärwissenschaftliche Arbeiten veröffentlicht. (https://de.wikipedia.org/wiki/James_Hawes_(Schriftsteller) )
Inhaltsangabe: Die Geschichte Deutschlands in einem tatsächlich kurzen Abriss von der Völkerwanderung bis zum politischen Aufstieg der Rechten im wiedervereinigten Deutschland. Hawes’ Grundthese ist ein Antagonismus zwischen dem geographischen Bereich, der in etwa die alte Bundesrepublik umfasst, und dem slawischen Siedlungsgebiet, das er östlich der Elbe verortet. Die Grenze entspricht in etwa der Ostgrenze des Gebiets, das nach der fränkischen Teilung 843 dem Enkel Karls des Großen, Lothar, zufiel.
Anlass der Lektüre: Neugier im Buchladen
Bewertung: An der Grenze zu „Ostelbien“ macht Hawes auch die Grenze der westlichen Zivilisation fest. Preußen und seine gewaltige Ausdehnung nach Westen vor dem Ersten Weltkrieg etwa beschreibt er als quasi unnatürliches, eigentlich ohnehin zum Untergang verurteiltes Staatsgebilde. Das westliche Deutschland sieht er als generell dem Westen Europas zugewandt, das östliche als ständig im Bemühen, sich entweder mit den Slawen/Russen zu arrangieren oder sie zu bekriegen, bis sie auf ewig unfähig zur Aggression sind. Eine interessante, wenngleich nicht gerade optimistisch stimmende These, jedenfalls für Deutsche. Sie geht allerdings von weitgehend quasi genetisch festgelegten Eigenschaften der Völker aus. Lesenswert, aber in der Grundthese fragwürdig.
(157) French, Diana: The Road Runs West – A Century Along the Bella Coola/Chilcotin Road
Gelesen als: Madeira Park BC Canada: Harbour Publishing 1996. Taschenbuch, 276 Seiten, zahlreiche Schwarzweiß-Abbildungen, zwei Karten, ISBN 1-55017-141-0. Erstausgabe 1994.
Heute erhältlich: Antiquarisch. Ich zahlte 3,81 € (Neupreis: 24,95 €)
Über die Autorin: French kam 1950 in die Chilcotin-Region in British Columbia und ist seitdem äußerst umtriebig in unendlich vielen Ehrenämtern. Sie wurde mit zahlreichen lokalen Ehrungen, aber auch Queen Elizabeth II’s Golden Jubilee Medal in 2002. Zunächst unterrichtete sie Kinder, mit Ehemann Bob und fünf Söhnen zog sie 1970 nach Williams Lake, dem Eingangstor zu der Region. Als Reporterin und Redakteurin der „Williams Lake Tribune“ recherchierte und berichtete sie jahrzehntelang vor Ort und schloss Bekanntschaften mit vielen Einwohnern der relativ dünn besiedelten Region, die viele als die „last frontier“ im Westen Nordamerikas sehen. Sie schreibt noch immer Glossen für die „Tribune“ unter dem Titel „French Connection“.
Inhaltsangabe: Hauptcharakter des Buches ist der Highway 20 in British Columbia, der von Williams Lake rund 350 km nach Westen durch die Mitte der kanadischen Provinz bis an den Küstenort Bella Coola führt. An dessen Ufer erreichte der britische Forscher Alexander MacKenzie am 20. Juli 1793 den Pazifik. Damit war er der erste Europäer, der Nordamerika von Ost nach West durchquerte. Deshalb heißt die Straße heute Alexander MacKenzie Highway. Die Straße und die bis heute relativ schwach besiedelte Region Cariboo/Chilcotin, die sie erschließt, haben eine besondere Geschichte: Weil sie relativ abgelegen sind, sträubte sich die Provinzregierung lange, Geld für den Straßenbau bereitzustellen. Mobilität war wegen der großen Entfernungen und der harten Winter (bis minus 60 Grad Fahrenheit/-50 Grad Celsius) ein großes Problem. Oft nahmen die wenigen Siedler, die First Nations und die Bewohner der Küstenorte die Sache selbst in die Hand. Sie bauten insbesondere den schwierigen Übergang über das Hochgebirge der Coast Mountains, den 1524 m hohen Heckman-Pass, der zusammen mit dem nicht asphaltierten Abstieg in die Fjordlandschaft von Bella Coola noch heute eine Herausforderung für Autofahrer darstellt.
Anlass der Lektüre: Die Straße habe ich Anfang der 1980-er Jahre mit einem VW T3 befahren. Sie ist für mich nach wie vor ein Inbegriff für den Wilden Westen. Nachdem ich im Gespräch mit einem Freund die Region als Urlaubsziel empfahl, fand ich im Internet das Buch und bestellte es.
Bewertung: Vielleicht muss man eine besondere Beziehung zu der Gegend haben, um das Buch überhaupt anzufangen. Ist man aber erst einmal „drin“, bieten die Stories über die Leute dort, eingebettet in die Historie der Straße und die damit verbundenen Abenteuer zusammen mit dem mythologischen Überbau des Drummers („Wer ihn nicht hört, kann in Cariboo nur schwer überleben“), der den eigenen Zeit- und Jahreszeiten-Takt der Region bestimmt, ein begeisterndes Leseerlebnis. Dazu trägt nicht unwesentlich bei, dass French einen manchmal fatalistischen Humor in die Geschichten einbringt.
Warum ich das blogge
Warum ich das blogge? Mit „Nachhaltig lesen“ ist für mich eine neue Freizeitbeschäftigung entstanden. Sie besteht aus mehr als nur „Lesen“. Zunehmend wurde mir bewusst, dass ich nicht mehr einfach nur zum Zeitvertreib lesen und mich bestenfalls in die Welt der Handelnden oder des beschriebenen Sachgebiets hineindenken wollte. Vielmehr habe ich mir mit der selbst gegebenen Archivierungsstruktur ein bisschen Disziplin verordnet, nämlich: das Was, Wie und Warum jedes Buches zu erkennen und im Kopf mitteilungsfähig aufzuarbeiten. Am Ende hat man so tatsächlich mehr von der Lektüre. Um dem Vergessen vorzubeugen, lese ich nicht nur weiter, sondern schreibe die gewonnenen Erkenntnisse auch weiter in diesem Blog auf.
Zur Auswahl der Bücher
Wie immer, ist die Auswahl der Bücher mehr oder weniger dem Zufall überlassen. Dass ich hier Beschreibungen meiner Lektüre veröffentliche, hat folgenden Hintergrund: Oft sind mir Inhalte der Lektüre nach einiger Zeit nicht mehr präsent. Da habe ich mir gedacht, ich schreibe sie nach der Lektüre kurz auf. Und wenn ich das schon tue, dachte ich mir weiter, kann ich das Geschriebene auch gleich in das Blog stellen, um vielleicht andere Menschen zu Lektüre anzuregen.
Natürlich lese ich keine Bücher zu Themen, die mich überhaupt nicht interessieren, oder Romane, die mir schon vom Klappentext her nichts zu bringen scheinen. Meine Auswahl wird bestimmt durch das Bedürfnis, das Wissen in einem bestimmten Gebiet zu vertiefen. Oder (Vor-) Urteile innerhalb der Gesellschaft zu verifizieren oder zu falsifizieren. Oder die Bücher werden mir als Besprechungsexemplare angeboten. Oder Neugier. Oder eine Empfehlung oder einfach ein „Festlesen“ in einem Buch, das einem beim Nachschlagen in einem anderen auffällt. Oder ich greife mir aus meinen überfüllten Regalen eins, das ich schon immer mal lesen wollte.
Die inzwischen mehr als 150 Bücher, die seit Pandemiebeginn bereits über meinen Nachttisch gegangen sind, finden Leserinnen und Leser beim Blättern durch den Blog https://www.schienestrasseluft.de
Für Anregungen und konstruktive Kritik bin ich jederzeit dankbar. Falls jemand sich in irgendwelchen Rechten verletzt fühlen sollte, bitte ich vor der Einleitung rechtlicher Schritte um ein klärendes Gespräch. Probleme lassen sich bestimmt gütlich und ohne Aufwand lösen.