DAT-Dieselbarometer gibt Aufschluss über erste Folgen des Dieselskandals
Berlin, 27. September (ssl) Die Autohändler spüren die ersten Folgen des Dieselskandals ganz direkt. Bei ihnen zeichnen sich gebrauchte Diesel-Pkw durch große Lagertreue aus, wenn sie überhaupt verkauft werden, dann ist viel Überzeugungsarbeit nötig, und viele gehen ins Ausland oder in Gebiete, in denen wahrscheinlich kein Fahrverbot droht. Elektroautos oder andere alternative Antriebsarten sind ebenfalls schwer verkäuflich. Ob das in Summe der Umwelt dient, wie beabsichtigt, darüber gibt es noch keine Untersuchungen. Die Experten der Deutschen Automobil-Treuhand (DAT) befürworten im Gegensatz zu den Herstellern eine zusätzliche Hardware-Nachrüstung bei Diesel-Autos.
Das am Mittwoch (27. September) von der DAT veröffentlichte „Diesel-Barometer“ fasst die Lage auf dem Gebraucht-Diesel-Markt so zusammen: „Diesel stagniert. … Deutlich mehr Diesel-Gebrauchtwagen werden über andere Vertriebskanäle wie z.B. Auktionen oder in Regionen ohne voraussichtliche Fahrverbote bzw. ins Ausland usw. verkauft… Deutlich höherer Beratungsaufwand der Händler gegenüber Endverbrauchern … Gebrauchtfahrzeugwerte für Diesel-Fahrzeuge sinken unter das Niveau des Vergleichszeitraums im Vorjahr … Standzeiten bei Diesel-Pkw steigen über 100 Tage“.
Nur gebrauchte Benziner legen zu
Auf der Basis einer nach DAT-Angaben repräsentativen Umfrage gab es im August einen Rückgang sowohl bei Diesel-Neu- und -Gebrauchtwagen als auch bei Benzin-Neuwagen im Vergleich zum Juli. Lediglich die gebrauchten Benziner legten zu, aber so sehr, dass der Gesamtmarkt weiter wuchs.
Diesel-Fahrzeuge gehen der DAT zufolge zunehmend in andere Verkaufskanäle: 45 Prozent der Händler gaben an, ihre Diesel-Gebrauchtwagen vermehrt in Auktionen, an andere Händler oder auch direkt ins Ausland zu verkaufen. Dies ist eine Steigerung von zehn Prozentpunkten gegenüber dem Juli. Zwölf Prozent und damit etwas mehr Händler als im Juli gaben zudem an, einen Einstellungsstopp oder Entlassungen vorgenommen zu haben.
Und das, obwohl die Verkäufer mehr zu tun haben, jedenfalls im Einzelfall: 92 Prozent aller Händler führten intensivere Kundengespräche zum Diesel, der Markenhandel sogar zu 94 Prozent, meldete die DAT. Dies binde in erheblichem Umfang die Personalressourcen im Vertrieb, aber auch im Werkstattbereich, weil die Kunden keine Gelegenheit ausließen, um sich Klarheit über die Folgen möglicher Fahrverbote zu verschaffen.
Aus umweltpolitischer Sicht hoffen lässt dagegen der gestiegene „Informationsbedarf der Verbraucher zu alternativen Antrieben“ 40 Prozent der Händler versuchten diesen Bedarf zu befriedigen, neun Prozentpunkte mehr als im Vormonat. Gleichwohl machten die Neuzulassungen von Pkw mit alternativen Antrieben weiterhin nur drei Prozent des Gesamtvolumens aus.
Im August haben die Diesel-Gebrauchtwagenwerte erstmals in diesem Jahr das vergleichbare Vorjahresniveau unterschritten, wenn auch nur geringfügig. Der Gebrauchtwagenwert für dreijährige Diesel-Autos lag bei 54,2 Prozent des Listenneupreises, vor einem Jahr lag dieser Wert noch bei 54,5 Prozent. Die dreijährigen Fahrzeuge werden als Indikator genommen, weil darunter viele „Leasing-Rückläufer“ sind, also Wagen, die der Vorbesitzer drei Jahre geleast und dann zurückgegeben hatte. Benziner seien dagegen stabil bei 56,1 Prozent geblieben.
Dieselwagen stehen ein Vierteljahr beim Händler
Diesel stehen rund ein Vierteljahr beim Händler, im August waren es 101 Tage (plus sieben im Vergleich zum Juli). Vergleichbare Benziner halten dem Hof des Händlers dagegen nur 80 Tage die Treue. Bei von Händlern berechneten Kosten von 26 Euro pro Standtag bedeutet das, dass der Handel allein durch die Standkosten pro verkauftem Diesel-Fahrzeug im Vergleich zu einem Benziner durchschnittlich 546 Euro verliert.
Die bei den Dieselgipfeln vereinbarten „Umweltprämien“ sorgten für mehr Benziner-Verkäufe, gaben der Meldung zufolge 51 Prozent der Händler. 15 Prozent von ihnen hätten mehr Euro-6-Diesel verkauft, obwohl noch nicht sicher ist, dass sie von eventuellen Fahrverboten nicht betroffen sind. Immerhin 13 Prozent mehr Pkw mit alternativen Antrieben seien verkauft worden. Bei 31 Prozent der Händler habe die Prämie aktuell allerdings keinerlei Auswirkungen.
Experten für Hardware-Nachrüstung
Vier Thesen nannte der DAT als Analyse:
„– Gebrauchtfahrzeuge mit alternativen Antrieben und insbesondere reine Elektrofahrzeuge sind schwer verkäuflich. Dies kann man u.a. an den Standzeiten der Fahrzeuge ablesen, welche mit 121 Tagen noch höher sind als bei Diesel-Fahrzeugen. Den Grund dafür sehen die Experten in der Tatsache, dass sich bei diesen Fahrzeugen der technische Fortschritt so rasant entwickelt, dass Gebrauchtfahrzeuge nach einigen Jahren gegenüber Neufahrzeugen technisch bereits völlig veraltet sind. Eine vergleichbare Entwicklungsgeschwindigkeit gibt es weder bei Dieseln noch bei Benzinern.
– Die Politik und die Hersteller bzw. Importeure müssen verlässliche Rahmenbedingungen schaffen. Sollte nach der Bundestagswahl keine Klarheit zu den angedrohten Fahrverboten kommen, werden die Verkaufspreise speziell für die Euro-5-Diesel weiter unter Druck geraten. Das gilt selbstverständlich erst recht für die Preise bei Inzahlungnahmen, was die Verbraucher dann deutlich zu spüren bekommen werden. …
– Der Experten-Arbeitskreis (der Händler, TR) befürwortet … eine über die Software-Updates hinausgehende technische Nachrüstung mit Abgasreinigungssystemen, zumindest bei den Euro-5-Dieselfahrzeugen. Nur solche Umrüstmaßnahmen werden mittelfristig dafür sorgen, das verloren gegangene Vertrauen der Verbraucher wiederherzustellen und die Euro-5-Diesel zukunftsfähig und wertstabil zu halten.
– Der Automobilhandel braucht mehr Informationen und intensivere Schulungen zu den alternativen Antriebsarten. Die daraus resultierende Bindung von Personalressourcen in den Betrieben sollte von den Herstellern und Importeuren finanziell gefördert werden, solange die Fahrzeuge mit alternativen Antrieben keine signifikanten Anteile an den Produktpaletten haben.“
Jens Nietzschmann, DAT-Geschäftsführer, verortete als Leidtragende den Handel und die Verbraucher, falls sie in der Nähe eventueller Fahrverbots-Regionen wohnten. Er forderte „deutlichere Signale von der Politik und der Automobilindustrie, damit die Verbraucher ihr Vertrauen zurückgewinnen und … Automobilbetriebe und Werkstätten nicht noch stärker wirtschaftlich in Mitleidenschaft gezogen werden.“