Hybrid-Lok von Alstom für VW trug vorübergehend den DB-Keks
Berlin, 27. September (ssl) Die Alstom H3, eine neuentwickelte Hybridlokomotive für Diesel- und Batteriebetrieb, war eines der Highlights auf der diesjährigen Innotrans. Klar, dass Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt und der Vorstandschef der Deutschen Bahn, Rüdiger Grube, es sich nicht nehmen ließen, bei ihrem Rundgang über die weltgrößte Messe für Schienenverkehr in Berlin zusammen die Hüllen um das schöne Stück fallen zu lassen. Was zunächst wegen des DB-Logos am Führerstand kaum jemandem auffiel: Es war keine Lok für die Deutsche Bahn, sondern eine für die Volkswagen AG. Deren Logo kam dann erst später drauf. Die DB hat aber auch welche bestellt.
Das Wort „Volkswagen“ oder der Umstand, dass es sich bei der Lok mit DB-Keks um eine Maschine für den Autokonzern handelte – das kam dann auch nicht in den kurzen Reden aus Anlass der Enthüllung zur Sprache. Grube berichtete, dass die fünf bestellten Exemplare, deren erstes im April 2015 ausgeliefert werden soll, zunächst in Nürnberg und Würzburg beim Rangierdienst für Personenzüge aushelfen sollen. Von dem Batteriebetrieb verspricht sich die Bahn eine Reduzierung der Geräusch- und Abgasemissionen, was in den dicht bewohnten Umgebung der beiden Hauptbahnhöfe für Erleichterung bei den Anliegern sorgen dürfte. Die Maschinen sollen zu etwa 80 Prozent im Rangierdienst vor allem für Personenzüge eingesetzt werden, „können“ aber auch Streckendienst mit einer Spitzengeschwindigkeit von 100 km/h. Die DB werde die Loks einem auf acht Jahre angesetzten Test unterziehen, sagte Grube. Gefördert wird der Versuch, indem die Modellregion Franken, also der Freistaat, die Mehrkosten gegenüber herkömmlichen Diesel-Rangierloks übernimmt. (Wir berichteten.)
Zur Technik: Die Energie aus den Batterien wird beim Anfahren und bei gleichbleibender Geschwindigkeit eingesetzt; beim Beschleunigen über ein bestimmtes Tempo schaltet sich der Diesel dazu. Ist die gewünschte Geschwindigkeit erreicht, läuft der Diesel noch nach, lädt die Batterie wieder auf und schaltet sich – jedenfalls bei geringeren Geschwindigkeiten – ab. Vor allem Leerlauf im Dieselbetrieb wird somit vermieden, was bei Rangierlokomotiven einen nicht geringen Teil der Betriebszeit ausmacht.
Dass die Lok nicht im DB-“Verkehrsrot“ leuchtete, sondern in einem lichten Grau, machte kaum jemanden stutzig. Das lichte Grau – für Volkswagen wohl Teil der konzerninternen Umweltziel-Kampagne – ziert auch einen von zwei Prototypen dieser Lokomotiven, auf Hybridantrieb von Alstom umgebaute vierachsige V 100 der Deutschen Reichsbahn der DDR. Sie fahren jetzt schon wahlweise mit Diesel oder Batterie in Wolfsburg. Der Batteriebetrieb ist dort besonders hilfreich, weil die Lokomotiven zur Anlieferung von Stahl ans Fließband auch schon mal in die Hallen fahren. Die Betreiber im Werk halten die Prototypen aber für „eine Nummer zu groß“ für ihre Anforderungen. Sie erwarten, dass die neuen, dreiachsigen Loks noch mehr Energie sparen und noch weniger Abgase ausstoßen als die Prototypen.
Im Anschluss an die kurze Zeremonie wurde die Frage, ob es sich bei der ausgestellten Maschine um eine für Volkswagen handele, zwar zögernd, aber immerhin vom Alstom-Sprecher mit Ja beantwortet. Ob diese Lok gleich nach der Innotrans nach Wolfsburg ausgeliefert werden, verneinte der Sprecher. „2015“ sei der Termin. Volkswagen hatte auf dieselbe Frage im Sommer geantwortet: „Im Herbst.“
Tags darauf wurde die H3 dann gewissermaßen umbeheimatet. Der DB-Keks verschwand, das VW-Logo kam drauf. Für den Publikumsandrang am Wochenende waren nun Sein und Scheinen wieder in Einklang gebracht.