Neue ICE-3-Züge sind gebaut – dürfen aber nicht fahren

Der ICE 3, Baureihe 407, Typ Velaro D von Siemens. Foto: Siemens
Der ICE 3, Baureihe 407, Typ Velaro D von Siemens. Foto: Siemens

Die Deutsche Bahn wartet weiter auf die Auslieferung von 16 neuen ICE-3-Zügen. Personenverkehrsvorstand Ulrich Homburg erklärte am Donnerstag am Rande der Bilanzpressekonferenz der Deutschen Bahn AG, alle Züge der Baureihe 407 seien physisch fertig, harrten aber noch der Zulassung durch das Eisenbahn-Bundesamt. Zugleich warnte er davor, der Industrie zu sehr die Daumenschrauben anzuziehen, sonst entscheide sie sich womöglich, ihre Fahrzeuge auf dem deutschen Markt nicht mehr anzubieten.

Siemens kann nach Homburgs Worten derzeit keinen verbindlichen Liefertermin nennen. Die Züge vom Typ Velaro D im Gesamtwert von etwa einer halben Milliarde Euro sollten eigentlich schon 2011 ausgeliefert werden. Ähnliche Züge fahren bereits erfolgreich in Spanien und zwischen Moskau und Sankt Petersburg. Die deutsche Variante ist allerdings technologisch sehr anspruchsvoll: Sie muss mit vier Stromsystemen und mehreren unterschiedlichen Leit- und Sicherungssystemen zurechtkommen.

Bei der Bestellung war der Einsatz der Velaros auf der Route Frankfurt-Köln-Brüssel-London durch den Kanaltunnel geplant. Vor der Bedienung der britischen Hauptstadt mit anderen als in Frankreich gebauten Zügen stehen aber auch noch Zulassungsverfahren französischer Behörden, sodass die Aufnahme des London-Verkehrs zurzeit erst recht noch nicht terminiert werden kann.

Zuletzt hatte Siemens in einer großen Runde mit Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer, dem Eisenbahn-Bundesamt und anderen Bahnherstellern erklärt, bis zu zehn der Züge vor Weihnachten zur Verfügung zu stellen, damit sie eventuellen winterbedingten Ausfällen der Fernverkehrsflotte als Reserve dienen könnten.

Daraus wurde nichts. Homburg sprach von einer „nicht stabilen Situation im Zulassungsverfahren“. Er wollte aber auch nicht die gesamte Schuld an der ausbleibenden Zulassung dem Elektronik-Konzern zuweisen. „Wir können kein Interesse daran haben, dass Siemens sagt: Im Zweifel geben wir den Auftrag zurück und zahlen Schadenersatz.“

Die Bahn brauche diese Züge, sagte Homburg, der im übrigen darauf hinwies, dass das Unternehmen auch ohne die neuen Velaros gut durch den doch recht harten Winter gekommen sei, während Flüge in Größenordnungen hätten abgesagt werden müssen und die Autofahrer auf verschneiten Autobahnen in langen Staus festgesessen hätten. In der bereits seit Jahren andauernden Kontroverse um die teils jahrelangen Verzögerungen bei der Zulassung von Schienenfahrzeugen wurde zunächst mit dem Fokus auf Qualitätsmängeln seitens der Hersteller diskutiert, nachdem aber nach Bombardier (bei der Berliner S-Bahn) auch Siemens und Stadler-Pankow mit derartigen Verzögerungen kämpfen, kam immer mehr die deutsche Zulassungsbehörde ins Visier der Kritiker. Im vergangenen Jahr schloss sich ihnen sogar Minister Ramsauer an, dem das Eisenbahn-Bundesamt untersteht.