Förderung der Elektromobilität nach wie vor umstritten

Kongress in Berlin: Merkel stützt deutsche Autobauer – Nahverkehrsunternehmer gegen Vorteile für Autos in Städten – NRW-Minister glaubt nicht an Erreichen der Ziele – Grube fordert mehr Engagement

Berlin, 27. Mai (ssl) Ungeachtet eines klaren Bekenntnisses der Bundesregierung zu den Zielen der Elektromobilität gibt es unter den Akteuren der Verkehrswirtschaft deutliche Kritik an dem Weg, der zu einer Zahl von einer Million Elektrofahrzeugen auf deutschen Straßen bis 2020 führen soll. Das wurde am Montag bei einem Kongress zum Thema Elektromobilität in Berlin deutlich. Bundeskanzlerin Angela Merkel plädierte nachdrücklich für „Supercredits“ bei der EU-Regulierung des Kohlendioxid-Ausstoßes von Autos, womit besonders verbrauchsarme Fahrzeuge beim Flottenverbrauch mehrfach gewichtet werden. Das stellt die Hersteller größerer Autos, also vor allem auch die deutschen, besser.

Der Verband deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) sprach sich dagegen aus, Elektrofahrzeugen Vorteile im Stadtverkehr zu gewähren, indem sie etwa die Busspuren mitnutzen dürften. „Wenn man die Busspuren mit weiteren Autos verstopft, dann stehen dort künftig alle im Stau, egal ob Elektroautos, Taxis oder eben ÖPNV-Busse. Das ist verkehrlich unsinnig und kontraproduktiv“, erklärte VDV-Präsident Jürgen Fenske.

Der Vorstandschef der Deutschen Bahn AG, Rüdiger Grube, sagte, es werde „viel zu wenig getan“, um das Ziel zu erreichen. Es sei sein „großer Magenschmerz, dass es halbherzig und nicht wirklich modern an den Kunden herangebracht wird.“ Die DB AG sei in Gesprächen mit Siemens, der Deutschen Post und der Telekom, um eine Bestellung für 10.000 E-Dienstwagen zusammenzubringen. Große Teile der Dienstwagenflotte würden nicht mehr als 40-50 Kilometer am Tag bewegt würden und könnten damit durch Elektromobile ersetzt werden. „Aber wir laufen noch gegen viel zu viele Türen an, die vernagelt sind“, sagte Grube.

Henning Kagermann, der Vorsitzende der Nationalen Plattform Elektromobilität, sagte, das Ziel sei „unter günstigen Bedingungen machbar“. Allerdings werde der Anteil von Plug-in-Hybriden und Range Extendern – also Autos, die sowohl auf fossile als auch auf elektrische Energie zurückgreifen – höher sein als bisher angenommen. Kagermann wies darauf hin, dass höhere Strompreise die Zahl der Elektrofahrzeuge ebenso negativ beeinflussen würde wie niedrigere Batteriepreise sie in die Höhe gehen lasse.

Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) erklärte, Deutschland sei bei der Elektromobilität „auf dem richtigen Weg“. Es gehe dabei nicht nur um gute Autos und hochleistungsfähige Batterien. „Der Aufbau öffentlicher und privater Infrastruktur muss sich intelligent in die Stadt- und Verkehrsplanung einpassen“, mahnte er. Sein Kollege aus Nordrhein-Westfalen, Michael Groschek (SPD), kritisierte die Autofixiertheit des Begriffs Elektromobilität. „Die E-Mobilität des vor uns liegenden Jahrzehnts wird durch Pedelecs und Zweiräder bestimmt, nicht durch Elektromobilität im automobilen Sinn“, sagte Groschek in einem am Montag aus Anlass des Kongresses veröffentlichen Gespräch mit dem ACE Auto Club Europa.

Die Allianz pro Schiene bemängelte ebenfalls, dass es auf dem Kongress nur um Auto gehe. Hunderte Kilometer Schienenstrecken in Deutschland harrten seit Jahrzehnten der Elektrifizierung, kritisierte Allianz pro Schiene-Geschäftsführer Dirk Flege. Deutschland erreiche im EU-Vergleich bei der Bahnelektrifizierung mit einem Ausstattungsstand von 58,8 Prozent nur Mittelmaß.