Antonow An-225: Ein schwerer Traum aus den 1980er Jahren

„Schnittig“ wäre nicht gerade die richtige Bezeichnung für die An-225. „Imposant“ schon eher. © Fotos: Rietig

Berlin, 27. April (ssl) Das größte und schwerste Flugzeug der Welt ist schon etwas Besonderes. In diesem Jahr stand die Antonow An-225 auf der ILA, der Internationalen Luft- und Raumfahrtausstellung in Berlin. Das Kürzel steht nach dem Wunsch des Bundesverbandes der Deutschen Luft- und Raumfahrtindustrie (BDLI) inzwischen für „Innovation and Leadership in Aerospace“ und soll die Neuorientierung der Messe mit dem Führungsanspruch bei Zukunftstechnologien gegenüber Konkurrenzveranstaltungen in Farnborough und Le Bourget illustrieren.

Dafür ist die 1988 gebaute An-225 mit dem Namen „Mrija“ (Traum) nun nicht gerade ein Symbol. Aber es ist eine Maschine der Superlative. Es gibt sie nur einmal auf der Welt. Sie wiegt leer 175 und voll mit Fracht und Benzin maximal 645 Tonnen. Das ist ein Rekord. Der Frachtraum hat ein Volumen von 1220 Kubikmeter. Sechs Triebwerke bringen die An-225 in die Luft. Das sieht mächtig aus, ist aber kein Rekord; der US-Langstreckenbomber B-52 zum Beispiel trägt acht Stück unter den Flügeln. Das Heckleitwerk aber misst 32,65 Meter, das sind nur 80 Zentimeter weniger als die Flügelspannweite eines Airbus A319.

Der „Traum“ sollte eigentlich der Spezialaufgabe dienen, die sowjetische Raumfähre „Buran“ huckepack ins All zu tragen. Ein ebenfalls begonnenes zweites Exemplar wurde bislang nie fertig. Als das Raumfähren-Programm der Sowjets Anfang der 90-er Jahre eingestellt wurde, wurde die An-225 zunächst stillgelegt. Nach dem Zerfall der Sowjetunion war sie nun ein ukrainisches Flugzeug. Antonow nahm sie 2001 als Großfrachter wieder in Betrieb und unterhält sie jetzt weiter. Sie kann im Frachtraum mehr als 300 Tonnen Nutzlast und Gegenstände bis zur Größe des Rumpfs einer Boeing 737 tragen.

Zur ILA kam sie erst sehr kurzfristig und für alle Beteiligten überraschend. Normalerweise nimmt auf der Luftfahrtmesse der Airbus A380 von Emirates den Größenrekord in Anspruch. Der steht auch in diesem Jahr da, und Andriy Blagovisniy, der Vertriebsdirektor von Antonov Airlines, wollte, sichtlich stolz, nicht ausschließen, dass sich die Emirates-Verantwortlichen über den unerwarteten „Überflieger“ ärgerten.

„Warum hast du so ein großes Maul?“

Am westlichen Ende der ILA-Freifläche begannen dann am Freitag die Vorbereitungen für ein besonderes Event in Zusammenarbeit mit der Bundeswehr und den Feuerwehren aus den umliegenden brandenburgischen Gemeinden: Möglichst gleich drei gewaltige Feuerwehrfahrzeuge sollten in den Rumpf der Antonow verladen werden. Sie fuhren auch schon in Position, bis sich herausstellte, dass sie zu schwer waren. Nicht für das Flugzeug selbst, aber für die Rampe. Die Feuerwehrautos waren nämlich voll mit Löschwasser, das größte von ihnen trug allein acht Tonnen, und damit war die Achslast zu hoch für die Rampe. Wasser ablassen ging nicht, weil die Fahrzeuge im Dienst waren, also bei einem allfälligen Brand am Flughafen schnell – und voll – zur Stelle hätten sein müssen. Im Landkreis Dahme-Spreewald, wo unter anderem auch der BER unter feuerpolizeilicher Aufsicht steht, wollte sich niemand auf einen noch so kurzen Verstoß gegen die Bestimmungen einlassen, deshalb verzichteten die Beteiligten auf die spektakuläre Demonstration und beließen es bei der Einfahrt eines Ford-Kleinbusses. Bis es so weit war, musste aber erst einmal die Klappe geöffnet werden. Dazu warf die Besatzung das Hilfstriebwerk der Antonow an. Es stank nach Kerosin, wie man es bei modernen Flugzeugen nur noch selten erlebt.

Reichlich Platz unter der Schnauze.

Langsam öffnete sich die große Schnauze, bis sie fast im rechten Winkel nach oben stand. Mehr oder weniger mitten im Frachtraum wurde eine Leiter sichtbar, die zur Cockpitetage führte. Nun wurde das doppelte Bugfahrwerk über eine Spindelmechanik abgesenkt, die massige Maschine ging quasi in die Knie. Die Leiter fuhr hydraulisch nach oben. Mehrere Stempel sicherten die Stabilität des Fliegers, als die eingebaute Rampe sich langsam senkte und schließlich die Einfahrt des Kleinbusses ermöglichte. Er wirkte fast verloren in dem großen Raum, in dem auch ein Portalkran eingebaut war, der so massiv aussah, als ginge es beim Fliegen überhaupt nicht um Gewichtsbeschränkungen. Der Bus hätte drunter durch und sogar am anderen Ende wieder heraus fahren können, aber am Freitag blieb die Heckklappe zu.

Ja, wo ist er denn, der kleine Neunsitzer? Links in der Ecke. Und er ist nicht bis ganz nach hinten durchgefahren.
Noch reichlich Parkplätze in der fliegenden Großgarage.
Die Leiter zum Cockpit.

Zum Cockpit ging es die Leiter hoch. Sie war recht fragil; nur zwei Menschen durften gleichzeitig hoch beziehungsweise hinunter gehen, der Aufenthalt im „Führerhaus“ war auf fünf Personen beschränkt.

Stabile Mechanik: Das Cockpit.

Oben bot sich dem Betrachter ein geradezu historisches Instrumentenpanel. Insgesamt sechs Arbeitsplätze bot das Cockpit, davon zwei wie üblich mit Blick nach vorne sowie jeweils zwei mit Blick nach rechts und links für die Flugingenieure. Im hinteren Bereich, der manche Besucher an ein U-Boot erinnerte, sicherten schlafwagenähnliche Einrichtungen Aufenthalts- und Übernachtungsmöglichkeiten für vielleicht zehn bis zwölf Menschen. Beruhigend wirkten zwei Rettungsinseln und zwei unterschiedlich dicke Taue am direkten Notausgang auf der Steuerbordseite hinter dem Cockpit. Die Besucher konnten die Antonow schließlich aber doch wieder über die Leiter verlassen.

Falls es mal schnell gehen muss: Taue zum Abseilen (?) und Rettungsboote zum Aufblasen. Dann doch lieber geordnet über die Leiter.