Dobrindt präsentiert vor dem Wahlkampf ein Luftverkehrskonzept des Verkehrsministeriums – nicht der gesamten Regierung
Berlin, 3. Mai (ssl) Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt hat in Berlin sein Luftverkehrskonzept vorgestellt. Betonung liegt auf „sein“. Denn es ist ausdrücklich nicht das Konzept der Bundesregierung, wie er bei der Präsentation mit BDL-Präsident Stefan Schulte sagte. Dafür konnte er verhältnismäßig kompromisslos eine „Blaupause“ für die CSU-Position für wahrscheinlich anstehende Koalitionsverhandlungen zum Thema Luftverkehr vorlegen. Ursprünglich sollte es ein Konzept der gesamten Bundesregierung geben. Nun erklärte Dobrindt, wenn die Handlungsempfehlungen des Konzepts umgesetzt würden, würden ohnehin alle betroffenen Ressorts eingebunden. Es sei „richtig, es heute genau in dem Stil“ vorzulegen.
Das Konzept, das von der Branche in Person Schultes ausdrücklich wegen seiner Fundiertheit gelobt wurde, sieht weder weitere Nachtflugverbote noch weitere Einschränkungen der Betriebszeiten für die bestehenden Flughäfen vor. Das könnte etwa auf Widerspruch im SPD-geführten Umweltministerium stoßen.
Zwölf Verkehrsflughäfen genießen das „besonderen Interesse des Bundes“: Berlin, Braunschweig, Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg, Hannover, Köln/Bonn, Leipzig, München, Nürnberg, Oberpfaffenhofen und Stuttgart. Als Kriterien nannte der CSU-Politiker eine hohe Konnektivität (also zahlreiche kontinentale und/oder interkontinentale Verbindungen), wichtige Luft- und Expressgutflughäfen oder Forschungsflughäfen wie Braunschweig und Oberpfaffenhofen. „Es ist von übergeordnetem Interesse, dass diese Flughäfen der Primärstruktur Systemkapazitäten und Betriebszeiten aufweisen, die dem bestehenden und zukünftig zu erwartenden Bedarf entsprechen“, schrieb das Ministerium. Dobrindt sprach von „einem besonderen Blickwinkel“ des Bundes und meinte damit wohl, die betreffenden Länder würden bei dem Versuch der Einschränkung der Verkehrstauglichkeit und Wachstumsfähigkeit dieser Airports auf Widerstand aus Berlin treffen. Außerdem forderte er, die Kapazitätserweiterungen in München, Düsseldorf und Berlin zügig umzusetzen. Damit meine er aber nicht das Offenhalten des Flughafens Tegel neben dem BER, fügte er auf eine entsprechende Frage hinzu. Es gebe allerdings keine Rechtsfolgen dieser besonderen Rolle des Bundes.
Die Flughäfen selbst nahm er in die Pflicht, die lärmabhängigen Entgelte stärker zu spreizen. Notfalls helfe der Bund „durch eine Änderung der Rechtslage“ nach.
Dobrindt bekräftigte darüber hinaus seine Position, die Bundesregierung müsse in der neuen Legislaturperiode „den Einstieg in den Ausstieg“ aus der Luftverkehrsteuer schaffen. Diese bringt dem Bund mehr als eine halbe Milliarde Euro jährlich und bedeutet für die deutschen Fluggesellschaften einen Nachteil im internationalen Wettbewerb. Sie war vor Jahren eingeführt worden, um den Bundeshaushalt zu sanieren. Obwohl das jetzt nicht mehr nötig ist, gibt es keine Anzeichen aus dem CDU-geführten Finanzministerium, sie wieder abzuschaffen.
Dobrindt erklärte, die Luftfahrtunternehmen würden unter anderem durch eine Kapitalerhöhung bei der Deutschen Flugsicherung entlastet, damit sie nicht weiter flugsicherungsfremde Kosten tragen müssten. Sowohl Dobrindt als auch Schulte betonten, sich dafür einsetzen zu wollen, dass die öffentliche Hand künftig die Luftsicherheitsgebühren trägt, also die Kosten, die bei der Personen- und Gepäckkontrolle entstehen. Rein theoretisch ist das allerdings so geregelt, dass die Luftfahrtunternehmen diese Kosten zwar vorschießen, aber auf die Ticektpreise umlegen. Eine Übernahme durch die öffentliche Hand würde streng genommen dem Verursacherprinzip widersprechen.
Schulte wies darauf hin, dass das Konzept nicht nur die wirtschaftlichen Notwendigkeiten berücksichtige. Letztlich könnten die Fluggesellschaften nur dann mit modernen, also wenig umweltschädichen Flugzeugen fliegen, wenn sie erfolgreich wirtschafteten.