2017 kommt der serienmäßige Wasserstoff-SUV

Chinas Verkehrsminister hat einen deutschen Doktortitel und einen deutschen Führerschein

Parade der Wasserstoffautos vor dem Bundesverkehrsministerium. © alle Fotos: Thomas Rietig
Parade der Wasserstoffautos vor dem Bundesverkehrsministerium. © alle Fotos: Thomas Rietig

Berlin, 12. April (ssl) Mercedes will 2017 ein mit Brennstoffzellen betriebenes Auto zu einem „attraktiven Preis“ auf den Markt bringen. Mit dieser Versicherung leitete Daimler-Vorstandsmitglied Thomas Weber ein Bekenntnis zur Wasserstoff-Technologie im Straßenverkehr ein. Auf dem H2-Mobility-Kongress des Bundesverkehrsministeriums, auf dem Weber das Auto vorstellte – einen GLC, also ein SUV auf C-Klassen-Ebene -, beeindruckte aber vor allem der chinesische Wissenschafts- und Technologieminister Wan Gang mit Zahlen zur Entwicklung der Elektromobilität in seinem Land. Elektromobilität bedeutet in China sowohl rein batteriegetriebene Autos wie auch Plug-in-Hybride und Wasserstoff-Fahrzeuge.

Vor allem hatte Wan konkrete Visionen hinsichtlich der Förderung der Elektromobilität. Gefördert werden solle sie, „weil die Nutzung umweltfreundlicher Autos auch belohnt werden“ soll, denn Nachteile der alten Technologie würden damit vermieden. „Der Verkehr der Zukunft muss grün und smart sein“, sagte er. Damit meinte er die Vernetzung aller Autos überall und jederzeit „aus Sicherheitsgründen“. Das bezog sich auf die Überwachung hinsichtlich der technischen Sicherheit, „weil wir die Technologie noch nicht komplett beherrschen“. Mit „smart“ meinte er nicht nur teilautonomes oder autonomes Fahren, sondern auch die Nutzung stehender Fahrzeuge als Energiespeicher und gegebenenfalls Energieversorger.

Die politische Strategie laute: „Wir fördern die neuen Technologien bis zur Marktreife. Deshalb hören wir 2020 auf, Batterieautos zu fördern. Aber Brennstoffzellentechnologie fördern wir weiter.“ Die Zuversicht, dass in ein paar Jahren die Elektroautos wirklich marktreif seien, bezog Wan aus dem Umstand, dass sich in den vergangenen fünf Jahren die Batterieleistung verdoppelt und der Platzbedarf halbiert habe. Die Betriebskosten eines Elektromobils beliefen sich zurzeit auf ein Sechstel eines Fahrzeugs mit Verbrennungsmotor.

"Ich habe meinen deutschen Führerschein mitgebracht, damit ich die Brennstoffzellen-Autos hier auch mal fahren kann." Der chinesische Minister für Wissenschaft und Technologie, Wan Gang (Mitte), am Dienstag im Hof des Bundesverkehrsministeriums, in dem er prominenter Gast des "H2Mobility Kongresses" war. Wan sprach gutes Deutsch. Er hat an der TU Clausthal promoviert und viele Jahre bei Audi in der Forschung gearbeitet. "Wir haben mal in Flensburg nachgefragt und uns vergewissert, dass Sie dort keine Punkte haben", antwortete Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (2.v.rechts). Links Linde-Vorstand Bernd Eulitz, rechts Daimler-Vorstand Thomas Weber
„Ich habe meinen deutschen Führerschein mitgebracht, damit ich die Brennstoffzellen-Autos hier auch mal fahren kann.“ Der chinesische Minister für Wissenschaft und Technologie, Wan Gang (Mitte), am Dienstag im Hof des Bundesverkehrsministeriums, in dem er prominenter Gast des „H2Mobility Kongresses“ war. Wan sprach gutes Deutsch. Er hat an der TU Clausthal promoviert und viele Jahre bei Audi in der Forschung gearbeitet.
„Wir haben mal in Flensburg nachgefragt und uns vergewissert, dass Sie dort keine Punkte haben“, antwortete Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (2.v.rechts). Links Linde-Vorstand Bernd Eulitz, rechts Daimler-Vorstand Thomas Weber

Sowohl relativ wie in absoluten Zahlen ist China Deutschland weit voraus: In der Volksrepublik seien von 2009 bis 2015 rund 497.000 E-Autos verkauft worden, davon allein 379.000 im vergangenen Jahr, sagte Wan. Der Gesamtbestand an Pkw in China belaufe sich derzeit auf 137 Millionen, bis 2020 dürften es 200 Millionen sein. Er glaube nicht, dass China die deutsche Verkehrsdichte von 700 Autos auf 1.000 Einwohner erreichen werde: „Dann stehen die Autos auf den Straßen, und wir gehen zu Fuß“, sagte er. Zum Vergleich: In Deutschland stehen und fahren rund 45 Millionen Pkw, davon knapp 40.000 Elektromobile. Dobrindt erklärte, wenn ein Prozent der Autos elektrisch führen, sei die Schwelle erreicht, von der an die neue Technologie zum Selbstläufer werden könne. Er stellte eine staatliche Kaufprämie ebenso in Aussicht wie ein Netz von 15.000 Schnellladestellen in Deutschland, zu dem der Staat voraussichtlich 300 Millionen Euro Zuschuss geben werde.

„Höherer Wirkungsgrad, größere Reichweite, schnelles Betanken“

Zu den Brennstoffzellenfahrzeugen, die wegen der komplexen technologischen Ansprüche zumindest in Deutschland in den letzten Jahren ein Schattendasein führte, sagte Wan, sie werde auch deshalb über 2020 hinaus weiter gefördert, weil sie „wesentliche Vorteile“ gegenüber der Batterietechnologie habe. Diese nannte Weber dann beim Namen: „höherer Wirkungsgrad, größere Reichweite und schnelles Betanken“. Es dauere unter drei Minuten, sei also vergleichbar mit dem Tankstopp an der Verbrennungskraftstoff-Säule.

Die Industrie plant laut Weber in Deutschland zusammen mit der öffentlichen Hand bis 2023 ein Netz von 400 Tankstellen aufzubauen – derzeit gibt es 20 -, und Dobrindt erklärte, bis Ende 2018 werde dies im Rahmen der H2-Förderung zunächst mit 161 Millionen Euro bezuschusst. Jede Tankstelle koste etwas unter einer Million Euro, sagte Weber. Dieser Preis könne gesenkt werden, wenn etwa in dünner besiedelten Gebieten die Betankungszeit verlängert werde. Die bisher gebauten rund 200 Wasserstoffautos von Daimler – in der Regel B-Klasse-Fahrzeuge und Citaro-Busse – hätten zusammen zwölf Millionen Kilometer und 36.000 Betankungen hinter sich gebracht. Sie wiesen eine Zuverlässigkeit von 2.000 Betriebsstunden beim Pkw oder 4.000 Betriebsstunden beim Bus auf. „Das kommende Auto“ – damit meinte Weber zunächst einmal den GLC – „verfügt über eine Zuverlässigkeit von 6.000 Betriebsstunden und ist damit gut für 150.000 bis 200.000 Kilometer Laufleistung. Wir sind derzeit voll in der Vorbereitung auf die Serie.“ Japanische Wasserstoff-Autos gibt es bereits auf dem Markt, etwa der Toyota Mirai. Sein Preis wird, wenn er denn in Deutschland erhältlich ist, auf knapp 80.000 Euro geschätzt.

Auch der Toyota Maria reihte sich in die Riege dr H2-Limousinen ein. Nicht nur, dass er als einziger über ein eigenständiges Design verfügt - er ist auf dem Weltmarkt auch schon zu haben.
Auch der Toyota Mirai reihte sich in die Riege dr H2-Limousinen ein. Nicht nur, dass er als einziger über ein eigenständiges Design verfügt – er ist auf dem Weltmarkt auch schon zu haben.

Drei Technologien parallel

Sowohl Wan wie auch Weber bekannten sich dazu, die drei verschiedenen „grünen“ Pkw-Strategien Batterie, Hybrid und Brennstoffzelle parallel weiter voranzutreiben. Weber sprach zusätzlich von einer Roadmap, auf der – ganz im Sinn der bisherigen Strategie der deutschen Autobauer – auch der Verbrennungsmotor noch gleichberechtigt stand. Aber er sagte auch: „Wir müssen das Auto neu erfinden. Es muss emissionsfrei fahren.“