Rolls-Royce hat keine Angst vorm Brexit

Montagelinie für A350-Triebwerk „Trent XWB“ in Dahlewitz eingeweiht

Berlin, 14. Juni (ssl) Das zutiefst britische Unternehmen Rolls-Royce plc fürchtet den Brexit kaum. Jedenfalls nicht in seinem deutschen Werk in Dahlewitz südlich von Berlin. Dort wurde am Mittwoch eine Montagelinie für Triebwerke eingeweiht, mit denen Großraum-Airbusse des Typs A 350 XWB fliegen. Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries lud das Unternehmen zu Vorschlägen für ein gutes Ergebnis bei den Brexit-Verhandlungen ein.

Vor dem montierten Triebwerk: Paul O’Neil, Geschäftsführer Rolls-Royce Deutschland (2.v.l.), Ministerpräsident Dietmar Woidke (3.v.l.), Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries. © Foto: Rietig

Das Werk in Dahlewitz gehört mit dieser Montagelinie zu den drei größten Produktionsstandorten der Triebwerksfabrik Rolls-Royce nach Derby und Singapur. Wenn die Produktion bis Jahresende hochgelaufen ist, sollen zwei der großen Strahltriebwerke pro Woche in Dahlewitz entstehen. Sie werden anschließend per Lkw nach Toulouse gebracht. Weitere fünf werden wöchentlich im Stammwerk Derby in England produziert.

Das Triebwerk ist damit ein gutes Symbol für die Zusammenarbeit innerhalb der Europäischen Union, wie sie sich noch darstellt. Bei der feierlichen Inbetriebnahme der Montagelinie stand dann auch der Brexit wie der berühmte Elefant im Raum, den man nicht sieht, der aber das Hauptthema darstellt. Eric Schulz, Präsident der Civil Aerospace-Sparte von Rolls-Royce, sprach das B-Wort zwar nicht aus, sagte aber: „Wir werden das überstehen. Wir haben eine globale Industrie. Wir wollen auch weiterhin Distanzen überwinden und Völker zueinander bringen.“ Unter großem Beifall der rund 250 Gäste in der Montagehalle rief er aus: „We are a proud citizen of Germany today!“

Vor der „Hochzeit“: Baugruppen des Trent-Triebwerks in der Montagehalle in Dahlewitz. © Foto: Rietig

Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries betonte, der freie Handel sei unverzichtbar. Sollte es Schwierigkeiten mit dem Brexit für Rolls-Royce geben, „finden wir eine Lösung“, sagte sie in ihrer Rede auf englisch. Sie lud die Manager ein, der Bundesregierung und der EU-Kommission mitzuteilen, was von ihnen in den Verhandlungen erwartet werde. Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke erinnerte an die „härtesten Zeiten“ seines Landes in den Jahren unmittelbar nach der Wende, als jeder Dritte arbeitslos war. Die Ansiedlung der Triebwerksmontage sei ein „Zeichen der Hoffnung“ gewesen, und dafür sei er dankbar. Er versprach, weiterhin für gute Rahmenbedingungen zu sorgen.

Das Werk in Dahlewitz, das in den 90-er Jahren des 20. Jahrhunderts noch von BMW-Rolls-Royce erreichtet wurde, war bisher in erster Linie ein zentraler Standort für Triebwerke größerer Geschäftsflugzeuge. Es hat seit Produktionsbeginn insgesamt mehr als 7.000 ausgeliefert, davon 500 allein 2016. Auch zahlreiche Entwicklungs- und Testabteilungen sind hier beheimatet.

Rolls-Royce Deutschland unterhält in Oberursel bei Frankfurt am Main ein weiteres Werk, in dem Hochdruckverdichter-Komponenten und andere High-Tech-Teile für zivile und militärische Triebwerke hergestellt werden. Insgesamt erwirtschaften an beiden Standorten rund 3.600 Mitarbeiter einen Jahresumsatz von fast zwei Milliarden Euro.

Aufgrund der großen Nachfrage nach den Trent-XWB-Triebwerken wurde die Produktion in Dahlewitz nun ausgeweitet. Der zweistrahlige Airbus A 350, der derzeit ausschließlich mit diesem Triebwerkstyp ausgeliefert wird, ist laut Eric Schulz das sich bisher am schnellsten verkaufende Großraumflugzeug weltweit. Es gibt bereits 1.600 Bestellungen für die Triebwerke.

Für den Produzenten bedeutet die Inbetriebnahme der Fertigungslinie einen weiteren Schritt zu einem ambitionierten Ziel: Bis 2021 sollen laut Schulz die Triebwerke für die Hälfte aller weltweit betriebenen Großraumflugzeuge mit Rolls-Royce-Antrieben ausgestattet sein.

Die Trent-Triebwerksfamilie treibt unter anderem auch den Airbus A380 und die Boeing 787 an. Das XWB mit rund drei Metern Durchmesser entwickelt in der Version für die längere A350-1000 eine Leistung bis zu 431 kN oder 97.000 Pfund. Der Verbrauch soll um 15 Prozent geringer sein als bei dem Vorgänger Trent 700, der unter dem Airbus A330 hängt. Rolls-Royce gibt ihn mit drei Litern Kerosin pro Passagier und Kilometer an.

Das „Drei-Wellen-Triebwerk“ sorgt für relativ leisen Betrieb und hohe Effizienz. © Grafik: Rolls-Royce

Der Zustand des Triebwerks kann, wie bei den meisten modernen Passagierflugzeug-Antrieben, rund um die Uhr im Operations Centre Dahlewitz überwacht werden. Eventuelle Unregelmäßigkeiten in den Bauteilen werden nach Rolls-Royce-Angaben innerhalb von Minuten nach Erhalt verarbeitet. Das steigert nicht nur die Zuverlässigkeit des Triebwerks, sondern ermöglicht auch „pro-aktive Betreuung“: Die Zahl der Wartungsfälle kann reduziert werden, indem früh Hinweise auf vorhersehbare Arbeiten kommen.