Berlin, 15. November (ssl) Die Neigung zu Extremwetterlagen wie Starkregen oder heftigen Gewitterstürmen in Mitteleuropa steigt. Ursache dafür ist ein Tief, das sich immer öfter genau über Mitteleuropa, also auch über Deutschland, einnistet. Die Forscher haben es daher „Tief Mitteleuropa“ genannt. Das ist das Ergebnis einer Art Bilanz des Sommers 2014, die das Deutsche Klima-Konsortium (DKK) am Montag in Berlin zog. Ob „Tief Mitteleuropa“ eine Folge des Klimawandels ist, können sie allerdings noch nicht belegen.
Das Konsortium sprach von einem „Extrem-Sommer 2014“. Die Durchschnittswerte des ausgehenden Sommers geben zwar keinen Anlass zur Besorgnis. Das lag unter adnerem daran, dass im Süden und Westen zwar teils extreme Verhältnisse herrschten, der Norden und Osten aber oft trocken und warm war. Darüber hinaus traten die Extremwetterlagen nur verhältnismäßig kurz auf, im Gegensatz etwa zum Vorjahr, als das Elbehochwasser zu großräumigen Schäden führte. „2014 traten Extremwetterlagen kleinräumig und kurzfristig auf, 2013 dagegen großflächig und mehrtägig“, sagte Enno Nilson von der Bundesanstalt für Gewässerkunde (BfG).
Paul Becker, der Vizepräsident des Deutschen Wetterdienstes (DWD), erklärte, das „Tief Mitteleuropa“ setze sich normalerweise etwa sechs Mal im Jahr hier fest. Allein im Juli dieses Jahres aber habe es sich acht Mal gebildet mit der Folge, dass im Süden und Westen der Republik mehrfach kurzfristig Extremwetterlagen für lokale Hochwasser- und Sturmschäden sorgten. Dass es danach nicht zu schweren Hochwasserschäden an den Ufern der großen Flüsse gekommen sei, habe seine Ursache unter anderem darin, dass der Winter 2013/2014 „ungewöhnlich warm, trocken und sonnenreich“ gewesen sei. Daher sei der Boden, anders als im Vorjahr, aufnahmefähig für die Niederschläge gewesen.
„Wir werden häufiger Extremwetterlagen haben“, sagte Becker. „Von bisher etwa acht bis zehn Mal dürfte sich die Häufigkeit auf zehn bis 17 Mal steigern, und es werden öfter Schadenssituationen auftreten.“ Ob das aber am Klimawandel liegt, darüber haben die Forscher noch keine eindeutigen Erkenntnisse. Die zurückliegende Periode genauer Wetteraufzeichnungen sei noch zu kurz. Nilson sagte: „Wir haben nicht genug Jahrzehnte, um statistisch so einen Wandel nachzuweisen.“
Für die Zukunft sieht es ein bisschen anders aus: Auch wenn die Vorhersagen teils sehr weit auseinander gingen, so lasse sich doch sagen, dass die Häufigkeit von Hochwasser an Elbe und Rhein bis 2040 zunehme und danach auf hohem Niveau stagniere. Dieser Prognose liegen laut Nilson 22 Klimaprojektionen zugrunde. Bei Annahme pessimistischer Szenarien ergebe sich sofortiger Handlungsbedarf, um gegen die „Sommerabflüsse“ an Elbe und Donau und die Mindestwassermenge in der Donau sowie für den Hochwasserschutz an Rhein und Elbe Maßnahmen zu ergreifen. Wie intensiv und kostenträchtig die Schutzmaßnahmen sein sollten, sei eine politische Entscheidung. Die Kosten würden gegen den möglichen Schaden abgewogen.