Grube und Pepy kündigen gemeinsames Vorgehen gegen Brüsseler Pläne zur Trennung von Netz und Betrieb an
Zum 50-jährigen Jubiläum der Elysée-Verträge haben die staatseigenen Eisenbahnen Deutschlands und Frankreichs ein gemeinsames Vorgehen gegen die Pläne der EU-Kommission zur Trennung von Netz und Betrieb angekündigt. Vor der Presse erklärten SNCF-Präsident Guillaume Pépy und DB-Vorstandsvorsitzender Rüdiger Grube am Dienstagabend darüber hinaus, die italienischen und österreichischen Staatsbahnen und auch das Nicht-EU-Land Schweiz würden sich dem deutsch-französischen Vorgehen anschließen. „Wir fahren alle in einem Zug, und zwar in dieselbe Richtung“, sagte Grube. Aber das sei nicht die Richtung, in die die EU-Kommission fahre. Deren Vorschläge, das „Vierte Eisenbahnpaket“, liegen zurzeit nach Einwänden der entsprechenden Regierungen auf Eis.
Der DB-AG-Chef sagte, es wäre ein Abenteuer, wenn man sich auf das Experiment der Trennung ohne vorherige Kosten-Nutzen-Analyse einlassen würde. Grube und Pépy bekannten sich im Französischen Dom in Berlin zugleich betont herzlich und freundschaftlich auch zum Ausbau der Verkehre zwischen beiden Ländern. In der Vergangenheit war das nicht immer selbstverständlich. Freundschaften seien haltbarer, wenn sie durch Krisen gegangen seien, meinte Grube, und: „Politische Prestigeprojekte kann sich kein Land mehr leisten.“ Worauf er das genau bezog, ließ er offen.
Nach der Öffnung des Schienenverkehrs für den Wettbewerb hatten die Franzosen zunächst mit Keolis eine Tochter gegründet, die sich gegen die Bahn an Ausschreibungen für deutsche Nahverkehrsprojekte beteiligte, und die DB AG hatte eine französische Güterbahn erworben, deren Lizenzen ihr den Ausbau eines transeuropäischen Netzes nach England und auf die iberische Halbinsel in Konkurrenz zur SNCF erlaubt. Erst 2007 wurde im Personenverkehr eine Verbindung mit Hochgeschwindigkeitszügen deutscher und französischer Hersteller zwischen Paris einerseits und Frankfurt/Stuttgart andererseits eröffnet. Inzwischen fahren sie auch von Süddeutschland bis nach Marseille. Beide Verbindungen erfreuen sich großer Beliebtheit.
Pépy bekannte sich zur Offenheit der Systeme und zum Wettbewerb auch in seinem eigenen Land. Für ihn ist Frankreich aber auch führend bei den Hochgeschwindigkeits-Technologien, während er seinem deutschen Kollegen die Vorreiterrolle bei internationalem Güterverkehr und Logistik zugestand.
Beide kritisierten die nach wie vor vorhandenen Unterschiede in den technischen Normen zwischen den europäischen Staaten, die meist aus protektionistischer Absicht entstanden sind und sich in hochkomplizierten Zulassungsverfahren auswirken. Sie plädierten dafür, Fahrzeuge „nur einmal und von Anfang an für europaweite Einsätze“ zuzulassen. Die Deutsche Bahn und der Hersteller Siemens streiten sich seit Jahren mit französischen Behörden über die Zulassung deutscher ICE-Züge für den Schnellverkehr durch den Ärmelkanaltunnel. Er wird zurzeit mit Zügen französischer Bauart bedient. Die Aufnahme direkter Verbindungen von Deutschland nach London verzögert sich deshalb immer wieder. “Das Europa der Hochgeschwindigkeit muss erst noch errichtet werden“, sagte Pépy.