Breit und barrierefrei: Neuer Eurocity aus Spanien

Ab 2023 auf der Strecke Berlin-Amsterdam – Von Westerland bis Oberstdorf

Ein Zug besteht aus einer Mehrsystemlok und 17 Wagen und kann eine Geschwindigkeit von bis zu 230km/h fahren. ©Deutsche Bahn (Computer-Animation)

Berlin, 13. März (ssl) Dafür, dass Berlin-Amsterdam eine der gefragtesten Verbindungen im EuroCity-Netz ist, bietet die DB bislang den Fahrgästen erstaunlich wenig Komfort. Die Züge fahren mit angestaubten Intercity-Wagen aus dem vorigen Jahrhundert. Das soll bald anders werden. Die Deutsche Bahn stellte am Mittwoch die Nachfolgegeneration vor. Noch trägt das Produkt des spanischen Herstellers Talgo den prosaischen Namen „ECx“.

„Einen schöneren Namen gibt es dann später“, versprach Bahnchef Richard Lutz in Berlin. Die ersten der 23 Züge, bestehend aus je 17 Wagen und einer Lok für zusammen rund 550 Millionen Euro, sollen 2023 in Betrieb genommen werden. Sie sind Bestandteil einer Rahmenvereinbarung, die rund 100 Züge umfasst.

Animation: Vorstellung des neuen Eurocity von Talgo in Berlin. Von links: DB-Personenverkehrs-Sprecher Jürgen Kornmann, DB-CEO Richard Lutz, Talgo-CEO José Maria de Oriol Fabra, BMVI-Staatssekretär Enak Ferlemann. Sie halten ein Modell des Talgo in der Hand, das Fabra Lutz schenkte. ©Foto: Rietig

In einer Video-Animation des neuen Zuges stachen besonders die breiten und stufenlosen Einstiege hervor, die Barrierefreiheit schaffen. Verkehrs-Staatssekretär Enak Ferlemann ließ sich angesichts dieses Features eine Spitze gegen die traditionellen deutschen Hersteller nicht nehmen: „Bisher wurde uns immer gesagt, dass das extrem schwierig sei. Aber die Spanier können das.“

Was Talgo noch kann, erläuterte der CEO von Patentes Talgo, José Maria de Oriol Fabra. Neben der Versorgung des spanischen Marktes produziert das Unternehmen Züge für die Hochgeschwindigkeitsstrecke von Medina nach Mekka und für Russland. Letztere verfügen teilweise über eine Spurwechselautomatik von der mitteleuropäischen Normal- auf die russische Breitspur.

In Berlin beschäftigt die deutsche Talgo-Tochter rund 100 Mitarbeiter. In größerem Rahmen betrieb die Deutsche Bundesbahn schon einmal Talgo-Wagenmaterial, als sie in den 90er Jahren Nachtzüge in Spanien einkaufte. Bei der Gelegenheit wurde in Berlin ein Wartungsbetrieb für diese Züge eingerichtet, der auch Züge anderer Hersteller warten kann.

Das offizielle DB-Video zum ECx. ©Deutsche Bahn

Der neue Zug wird auch Familien- und Fahrradabteile haben. Die Wagen sind breiter als normale deutsche Fernverkehrswaggons, dafür aber kürzer, damit sie auch in Kurven im Lichtraumprofil bleiben. Zusammen mit den ebenfalls sehr breit wirkenden Waggon-Übergängen entsteht – zumindest im Video – der Eindruck eines geräumigen Fahrgastraums. Die Höchstgeschwindigkeit soll „nur“ bei 230 km/h liegen, da wesentliche Teile der befahrenen Verbindungen nicht über Hochgeschwindigkeitsstrecken führen.

Neben der Strecke Amsterdam-Berlin sollen das später Berlin-Westerland, Köln-Oberstdorf, Westerland-Köln und Westerland-Karlsruhe sein. Sollten die Züge in der abgelieferten Version dort verkehren können, müssten aber sowohl die letzten Kilometer nach Westerland als auch die letzten Kilometer nach Oberstdorf elektrifiziert werden. Das bis 2023 zu erreichen, ist aber unrealistisch. Auf eine entsprechende Frage antwortete Lutz: „Wir wollen damit nach Westerland fahren“, er könne sich aber nicht festlegen, ob dazu die Strecke elektrifiziert oder auf den Teilstrecken ohne Fahrdraht eine Diesellok vorgespannt wird.

DB-Personenverkehrs-Vorstand Berthold Huber sagte, die Züge sollten dazu beitragen, dass bis 2024/2025 alles „alte“ Wagenmaterial auf den nicht von ICE befahrenen Fernverkehrs-Verbindungen getauscht werden könne, sodass am Ende das Durchschnittsalter der Flotte bei 14 bis 15 Jahren liege. Lutz stellte für die Bilanz der DB in zwei Wochen einen neuen Fahrgastrekord für 2018 in Aussicht und betonte: „Mehr Kapazität ist der Schlüssel für mehr Betriebssicherheit und Pünktlichkeit.“

Laut Huber plant die DB mit einer dank der neuen Züge um 30 Minuten kürzeren Fahrzeit von Berlin nach Amsterdam. Alle bisherigen Halte sollten bedient werden. Damit traf er auf Widerspruch bei Ferlemann: „Ich verlange mehr“, sagte er und begründete das: „Unser Konkurrent ist das Flugzeug.“ Zugleich stellte er den bisherigen Halt in Stendal zur Disposition, den man auch in eine andere Verbindung von Berlin nach Westen einbinden könnte. Auch in den Niederlanden gebe es Gespräche zur Einsparung des einen oder anderen Zwischenhalts.