Meine Lektüre im ersten Quartal 2021
Berlin, 14. April (ssl) Eines meiner therapeutischen Projekte gegen einen Corona-Koller ist – neben dem Radfahren (https://schienestrasseluft.de/2020/05/28/reise-zum-mittelpunkt/) – die Lektüre bisher ungelesener Bücher aus meinen Regalen oder auch aus anderen Quellen. Der Gang zum local dealer gehört natürlich auch dazu. Die Auswahl trifft mehr oder weniger der Zufall. Auslöser kann die Idee sein, das Wissen in einem bestimmten Gebiet zu vertiefen. Oder (Vor-) Urteile innerhalb der Gesellschaft zu verifizieren oder zu falsifizieren. Eine Empfehlung oder einfach ein Festlesen in einem Buch, das einem beim Nachschlagen in einem anderen vor die Füße fällt. Oder ich greife mir eins, das ich schon immer mal lesen wollte. Die ersten elf Buchbesprechungen mit Empfehlungen – oder eben auch nicht – finden die Leser hier (https://schienestrasseluft.de/2021/01/10/pandemie-2020-von-hesse-bis-nettles/), und in diesem Beitrag stehen die nächsten.
(12) Gide, André: Die Verliese des Vatikan
Gelesen: rororo-Taschenbuch 146, André Gide: Die Verliese des Vatikan. Ein ironischer Roman.
Übersetzt von Ferdinand Hardekopf. Hamburg: Rowohlt Verlag 1966 (141-148. Tausend), 184 Seiten.
Erstmals erschienen: 1914. Heute lieferbar: André Gide: Die Verliese des Vatikans. Gesammelte Werke in zwölf Bänden. Band VIII/2, Deutsche Verlags-Anstalt Stuttgart 1992, aber auch sehr häufig antiquarisch zu erhalten.
Inhaltsangabe: Mit der Verschwörungstheorie, der echte Papst sei entführt worden, werde im Kerker des Vatikans festgehalten und sei in der Öffentlichkeit durch eine Marionette der Freimaurer ersetzt worden, versucht eine Bande erfolgreich, kleingläubige Menschen in Italien und Frankreich zu Spenden für seine Befreiung zu bewegen. Dabei kommt es zu zwei Morden. Anders als in Kriminalromanen kommt es hier aber auf die Schilderung der Persönlichkeiten, scharfe Kritik oberflächlicher Religiosität an. Die Aufklärung der Verbrechen findet praktisch nicht statt.
Über den Autor: André Gide (1869 – 1951 in Paris) stammt aus einer großbürgerlichen Familie. Er heiratete 1895 eine Frau. Er setzte sich damals noch nicht offen mit seiner Homosexualität auseinander, die er aber später in seiner Autobiographie thematisierte. 1947 erhielt er den Literaturnobelpreis. Seine Literatur lässt sich sowohl hinsichtlich der biographischen Umstände, der sexuellen Orientierung und des Gebrauchs des Stilmittels der Ironie gut mit der Thomas Manns vergleichen.
Anlass der Lektüre: Stand bislang ungelesen im Regal.
Bewertung: In der vorliegenden Übersetzung unbedingt lesenswert. Außer LeserInnen möchten etwas über die Verliese des Vatikans erfahren. Sehr wortgewaltig, wunderschön ironisch, ergänzt mit Selbstreflexionen des auktorialen Erzählers die Schilderung der unterschiedlichen Persönlichkeiten. Eisenbahnfans (wie ich) werden sich ebenso wie Paris-Fans (wie ich) oder Rom-Fans über die schön beschriebenen Reisen freuen.
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(13) Saphir, Moritz Gottlieb: Humoristische Schriften
Gelesen in: Saphir, Moritz Gottlieb: Humoristische Schriften. 4 Bände, ca. 1.600 Seiten, hrsg. von Karl Meyerstein. Berlin: Alfred H. Fried. Erstmals erschienen: 1889
Heute lieferbar: Verschiedene Ausgaben, teils als Reprint. Zum Beispiel: Saphir, M.G..: Fliegendes Album für ernste und heitere Declamation. Forgotten Books 2018. ISBN-13: 978-1390275759
Inhaltsangabe: Satiren, Artikel, „Kleine Romane“, u.a. Autobiographisches. Zum Beispiel ein „Brief des Herbstes der Schönheit an den Zahn der Zeit“ unter „Anderweitige sonderbare Korrespondenzen“.
Über den Autor: Moritz Gottlieb Saphir (1795 Lovas-Berény bei Pest [Ungarn] – 1859 Baden bei Wien) war ein umtriebiger Journalist, Theaterintendant und Schriftsteller. Seine orthodox-jüdischen Eltern hatten für ihn den Beruf des Rabbiners vorgesehen, dem er sich jedoch widersetzte („Jude zu sein ist ein Geburtsfehler, und wir können schon froh sein, dass es kein Geburtsverbrechen mehr [sic!] ist“). Er schrieb für diverse Zeitungen in Wien, Berlin, Paris und München, geriet mehrmals in Konflikt mit der Zensur. Er gründete sowohl Zeitschriften als auch literarische bzw. kulturelle Vereinigungen, darunter in Berlin den einflussreichen „Tunnel über der Spree“ (1827-1898), dem unter anderen Theodor Fontane, Felix Dahn, Emanuel Geibel, Adolph Menzel oder Theodor Storm angehörten. Fontane zufolge (in „Von Zwanzig bis Dreißig“) hatte Saphir ständig irgendwelche Fehden auszufechten. In Paris befreundete er sich mit Börne und Heine. https://www.deutsche-biographie.de/sfz77738.html
Anlass der Lektüre: Im Regal vorhandene Bücher
Bewertung: Sehr ambivalent. Man muss Interesse an den gesellschaftlichen Verhältnissen im deutschsprachigen Raum des 19. Jahrhunderts haben, um Saphirs Humor etwas abgewinnen zu können. Er beherrscht Wortspielereien souverän, findet auch häufig genau die Wunde, in die er seinen literarischen Finger legen kann. Hin und wieder übertreibt er aber auch das Spiel mit der Sprache, und der Leser möchte irgendwie nur, dass es zu Ende ist. Die Stücke sind durchweg kurz, sodass sich das Stöbern zum Einschlafen empfiehlt. Die vier Bände am Stück durchzulesen, ist aber nicht empfehlenswert (wohl auch nicht möglich).
(14) Schäfer, Torsten: Wasserpfade – Streifzüge an heimischen Ufern
Gelesen: Als Fahnenabzug-PDF. Erstmals erschienen: 09.02.2021
Heute lieferbar, Inhaltsangabe, Anlass der Lektüre, Bewertung: Siehe ausführliche Besprechung https://schienestrasseluft.de/2021/02/03/vom-fluesschen-zum-weltklima/#more-2244
Über den Autor: Torsten Schäfer (*1977) ist ein deutscher Hochschullehrer, Journalist und Autor. Seit 2013 lehrt er Journalismus mit Schwerpunkt Textproduktion an der Hochschule Darmstadt. https://de.wikipedia.org/wiki/Torsten_Sch%C3%A4fer
(15) Schreiber, Richard: Mehlmeisel – Geschichtliches aus dem Gemeindeleben
Erschienen als: Schriftenreihe zur Geschichte der Gemeinde Mehlmeisel, Bd. II, [Verlag:] Gemeinde Mehlmeisel (Hrsg.) 2000. 324 Seiten, Hardcover. Vergriffen.
Inhaltsangabe: Ein geschichtlicher Abriss der Fichtelgebirgs-Gemeinde ab 1283 mit zahlreichen Bildern, historischen Quellen und Statistiken.
Über den Autor: Schreiber (1926-1983) war Konrektor der Grundschule in Mehlmeisel. Als sudetendeutscher Flüchtling heiratete er nach dem Zweiten Weltkrieg in dem Ort und beschäftigte sich neben seiner Tätigkeit als Lehrer mit der Geschichte des Ortes, was sich nach der Pensionierung in zwei Büchern niederschlug.
Anlass der Lektüre: Schreiber war mein Schwiegervater, sein Haus in Mehlmeisel ist unser Zweitwohnsitz. Die nachgelassenen Bücher helfen beim Verständnis der Dorfgeschichte und des soziologischen Umfelds.
Bewertung: Für mich aus obengenannten Gründen eine wichtige Lektüre, ich weiß jetzt eher, woran ich in meiner x-ten Heimat bin. Das allgemeine Publikum muss schon sehr an lokalen Feldstudien interessiert sein, um das Buch mit Gewinn zu lesen. Was ich gegenüber dem Autor schon persönlich kritisiert habe: Er arbeitet zu viel Geschichte sudetendeutscher Flüchtlinge auf. Das liegt daran, dass er selbst aus dem Sudetenland nach Mehlmeisel kam.
(16) Gallico, Paul: Meine Freundin Jennie
Gelesen: In deutscher Übersetzung. Rowohlt Verlag, Hamburg (64.-78. Tausend) 1964 (rororo 499).
Erstmals erschienen: 1950. Heute lieferbar: ISBN: 9783866710726
Inhaltsangabe: Ein kleiner Junge wird von einem Auto erfasst und verletzt, als er unachtsam eine Straße in London überquert, um eine Katze auf der anderen Straßenseite zu streicheln. Als er aus der Ohnmacht erwacht, stellt er fest, dass er selbst zu einem Kater geworden ist, der von Jenny, einer Straßenkatze, aufgepäppelt und in die gesellschaftlichen Zwänge und Besonderheiten des Katzenlebens eingeführt wird.
Über den Autor: Gallico (1897 New York – 1976 Antibes) war ein amerikanischer Journalist und Schriftsteller. Nach der Teilnahme am Ersten Weltkrieg schloss er ein Studium an der Colubia University ab und wurde zunächst Sportjournalist und Filmkritiker. Er boxte auch selbst und gründete das in USA berühmte Boxturnier Golden Gloves, aus dem Joe Louis, Muhammad Ali und andere hervorgingen. Seit den 30-er Jahren wandte er sich mehr und mehr mit Kurzgeschichten und später mit Romanen dem Schriftstellerberuf zu. (nach https://de.wikipedia.org/wiki/Paul_Gallico )
Anlass der Lektüre: Aus dem Regal geholt und wieder gelesen, weil ich während der Lektüre von (17) ein im buchstäblichen Sinn leichteres Buch brauchte, das ich zu bestimmten privaten Terminen mitnehmen konnte, bei denen große dicke Bücher eher hinderlich gewesen wären.
Bewertung: Auch im übertragenen Sinn leichte Lektüre, die sich aber gut als Gegengewicht zu eher komplizierten Lebensumständen eignet. Zu Beginn schien es mir etwas albern, aber nachdem ich mich durchgerungen hatte, es wieder zu Ende zu lesen, machte es doch Spaß. Besonders zu empfehlen für Katzenfreunde, aber auch Menschen mit einem weniger emotionalen Verhältnis zu diesen Tieren können es mit Genuss lesen.
(17) Fürst, Artur: Die Welt auf Schienen
Gelesen: Reprint der Originalausgabe: Augsburg: Verlagsgruppe Weltbild 2003, 573 Seiten, zahlreiche Abbildungen
Erstmals erschienen: München: Langen Verlag 1918
Heute lieferbar: Reprint Inktank Verlag 2019, ISBN-13 : 978-3747728468, 68,90 Euro, Taschenbuch 27,– Euro
Inhaltsangabe: Umfassende, fundierte populärwissenschaftliche Darstellung des Eisenbahnwesens unmittelbar nach dem Ersten Weltkrieg.
Über den Autor: Fürst (1880 Rosenberg – 1926 Berlin) war Ingenieur und Schriftsteller, der ab etwa 1910 große Popularität genoss. Er verfasste Biografien des AEG-Gründers Emil Rathenau und von Werner von Siemens. Sein umfangreichstes und bekanntestes Werk ist „Das Weltreich der Technik“ in vier Bänden (https://de.wikipedia.org/wiki/Artur_F%C3%BCrs)
Anlass der Lektüre: Stand als Nachschlagewerk im Regal, wohin es bei Eisenbahnfreunden ja auch gehört. Als Eisenbahnfreund muss man es einfach gelesen haben, um mitreden zu können. Wohl nolens volens gibt Fürst aber auch Einblicke in die Befindlichkeit der deutschen Technik-Community an der Zeitenwende 1918.
Bewertung: Für Nicht-Eisenbahnfreunde ist es wohl nicht der ideale Einstieg, wenn man mehr über Deutschland zwischen den Kriegen wissen will. Überraschend weitsichtig auch viele Ansichten über die Zukunft der Mobilität. Mindestens auf jeder zweiten Seite steht ein Satz, der, für sich gestellt, auch heute ausgesprochen werden könnte, freilich mit unterschiedlichen Reaktionen führt. Also: Wer Zeit hat und Eisenbahnfreund ist, sollte es durchlesen.
(18) Wolff, Julius: Zweifel der Liebe. Ein Roman aus der Gegenwart.
Gelesen: Grote‘sche Sammlung von Werken zeitgenössischer Schriftsteller. Dreiundachtzigster Band. 17. Tausend. Berlin: G. Grote‘sche Verlagsbuchhandlung 1904 (vermutlich die Erstausgabe. Gebunden 6,– Reichsmark
Erstmals erschienen: 1904
Heute lieferbar: als Reprint, Paderborn, Aischines Verlag 2015, ISBN: 3738773886 (60+ Euro)
Inhaltsangabe: Einem nicht besonders reichen adligen Soldaten fällt durch ein Erbe ein Gut in Thüringen mit Gesinde, Schloss, Park, Forsten und Feldern zu. Er leidet trotz Reichtum, Prestige und Freiheit aber unter seiner Einsamkeit, zumal er bei einer früheren Stationierung in Kassel eine Frau kennengelernt hat, die er zutiefst liebt. Natürlich hat er ihr seine Liebe nicht gestanden, ist aber dennoch überzeugt, dass sie ihn auch liebt. Gleichwohl heiratet sie einen seiner besten Korpsbrüder. Ob und, wenn ja, wie die beiden zusammenkommen, ist Gegenstand der Erzählung.
Über den Autor: Wolff (1894 Quedlinburg – 1910 Berlin), Sohn eines Tuchhändlers, war ein erfolgreicher Schriftsteller, der sich an romantisierenden Versdichtungen versuchte, aber auch historische Romane schrieb. „Zweifel der Liebe“ fällt da aus dem Rahmen. Relativ nachhaltig wirkt noch heute seine Interpretation des „Rattenfängers von Hameln“. In der späteren Kritik kommt Wolff schlecht weg, weil er, abgesehen von der biedermeiernden Gefühlsaufwallung, an der Oberfläche bleibt. Das (DDR-) Lexikon deutschsprachiger Schriftsteller aus den 1960-er Jahren nennt seinen Stil „unverbindlichen Singsang“ und seine Linie apolitisch.
Anlass der Lektüre: Stand im Bücherregal. Auf Umwegen geerbt habe ich das Buch von meinem mir unbekannten, weil zu früh gestorbenen, Großvater Arthur Paulus, der es auch signiert hat.
Bewertung: Wahrscheinlich zu Recht lässt sich das Buch als oberflächlich-konservativ bewundernde Milieuschilderung der oberen Mittelstandes der Kaiserzeit abtun. Wenn man es aber schon mal in die Hand nimmt und einen Vorteil aus der Lektüre ziehen will: Es macht auch Spaß, die gewundene, verschwurbelte Sprache des Autors zu lesen. Das Buch kann auch als eine Anklage der vorherrschenden Prüderie und Verlogenheit in dieser Gesellschaft gelesen werden, die Wolff – allerdings wohl ungewollt – schonungslos bis ins Detail schildert.
(19) Malet, Léo: Die Brücke im Nebel
Gelesen: Moos und Baden-Baden: Elster Verlag 1987, aus der Reihe „Malets Geheimnisse von Paris“. ISBN 3-89151-050-0
Erstmals erschienen: Brouillard au pont de Tolbiac, Paris: Editions Robert Laffont 1956
Heute lieferbar: Vielfach antiquarisch. Der Krimi ist zwischenzeitlich auch als rororo-Taschenbuch, als Comic und als Hörbuch erschienen.
Inhaltsangabe: Nestor Burma, ein kauziger Privatdetektiv, kommt einer etwas verschlungenen Mord-Geschichte aus den 1930-er Jahren auf die Spur. Der Roman spielt in der Nachkriegszeit im 13. Arrondissement von Paris – rund um die Place d’Italie, damals ein eher heruntergekommenes Viertel – und ist Teil der Reihe „Les Nouveaux Mystères de Paris“, in denen er mehrere Romane zusammengefasst hat, deren Aktionsradius sich jeweils auf ein Arrondissement bezieht.
Über den Autor: Malet (1909 Montpellier – 1996 (Châtillon-sous-Bagneux) hat selbst eine abwechslungsreiche Vergangenheit u.a. als Clochard nach einer Banklehre(!). Beeinflusst von Surrealisten wie André Breton, war er unter anderem Chansonnier, bevor er in den 40-er Jahren begann, Krimis zu schreiben. In vielen davon ist Nestor Burma Hauptakteur. Er raucht Pfeife wie viele andere Privatdetektive des Genres. Von ihnen hebt er sich jedoch durch seinen ausgesprochenen Zynismus und seine Fähigkeit ab, sich in die anderen Akteure hineinzuversetzen. https://de.wikipedia.org/wiki/L%C3%A9o_Malet
Anlass der Lektüre: Wiederlektüre aus dem Bücherregal. Mein Sohn studiert derzeit in Paris, wohnt allerdings im 7. Arr. (Montparnasse), das Malet bei seinen Romanen ungeachtet der Bedeutung für die Kultur der „Roaring Twenties“ bis in die 60-er Jahre leider nicht bedacht hat.
Bewertung: Sehr lohnenswert, auch wenn man keinen persönlichen Bezug zum Tatort hat, besonders wegen der lockeren Erzählweise, die auch im Deutschen den Zynismus rüberbringt. Paris-Liebhaber können es erst recht genießen, dabei hilft der Stadtplan im Vorsatzblatt. Das Im „Nachgang“ zeigt Peter Stephan Anfang der 1980-er Jahre!, wie Malets Kulissen sich mit beginnender Gentrifizierung bereits deromantisiert haben. Wer das in voller Härte erfahren will, kann die Tatorte mit Google Street View begutachten – oder eben hinfahren. Auch heute gilt aber: Es gibt schönere Stellen in der französischen Hauptstadt als Güterbahnhöfe, Gefängnisse, die Gare d’Austerlitz oder die Salpetrière.
(20) Gabaglio, Letizia: Die großen Epidemien. Geschichte – Gegenmittel –Impfstoffe. Mit Illustrationen von Maddalena Carrai. Zürich: Midas Verlag 2021. 128 Seiten, Paperback, 14.90 Euro. ISBN 978-3-03876-541-7 (Midas Sachbuch)
Inhaltsangabe, Über den Autor, Bewertung: Siehe ausführliche Besprechung https://schienestrasseluft.de/2021/04/05/kampf-gegen-das-desinformationsvirus/#more-2260
Anlass der Lektüre: Nach Erhalt einer Pressemitteilung angefordertes Rezensionsexemplar.
(21) Auster, Paul: Mit Fremden sprechen. Ausgewählte Essays und andere Schriften aus 50 Jahren. Hamburg:Rowohlt Buchverlag 2020. 416 Seiten, gebunden. ISBN: 978-3498001650
Inhaltsangabe: Aufsätze, Literaturkritik, Vorworte, Essays des momentan wohl wichtigsten Schriftstellers der USA. Er äußert sich über Kollegen, viele von ihnen Dichter, die hierzulande teilweise unbekannt sind, über New York an sich, sein Leben in Brooklyn und (vor Jahrzehnten) in Frankreich, über seine prominenten und weniger prominenten Bekanntschaften.
Über den Autor: Auster (* ist einer der derzeit meistgelesenen US-Autoren. Unter anderem seine New-York-Trilogie hat ihn auch weltweit berühmt gemacht. Auch sein letzter großer Roman „4-3-2-1“ war ein Weltbestseller. Er hat eine klare politische Position, die in den Vereinigten Staaten mit „liberal“ teils negativ konnotiert, hierzulande mit linksliberal umschrieben würde. Er ist offen gegen Donald Trump aufgetreten. Auster lebt in Brooklyn und ist mit seiner Kollegin Siri Hustved verheiratet.
Anlass der Lektüre: Kauf im Buchladen.
Bewertung: Der Käufer sollte keine Fiktion erwarten, insofern kann der Titel missverstanden werden. Dennoch ist das Buch nicht nur für Literaturwissenschaftler interessant, wenngleich die Auswahl etwas zufällig erscheint. Spaß macht die Lektüre trotzdem.
(22) Shackleton, Sir Ernest: Mit der Endurance ins ewige Eis – Meine Antarktis-Expedition 1914-1917. ISBN 978-3-492-40597-3. 16,– €
Gelesen: Taschenbuch, Berlin: Malik Verlag (Ullstein) 2016. Erstmals erschienen: South. London: William Heinemann Ltd. 1919.
Inhaltsangabe: Auf der Grundlage eigener Tagebücher und Aufzeichnungen seiner Crew beschreibt der Polarforscher seine formal gescheiterte, aber wegen der äußerst widrigen Wetterumstände und tiefen Einsichten in Persönlichkeiten historisch gewordene Antarktisexpedition. Mit dem Schiff „Endurance“ (Ausdauer) kam er zwar unmittelbar vor die Küste im Weddellmeer, scheiterte aber im Packeis durch Schiffbruch. Mit seiner Mannschaft schlug er sich zunächst nach Elephant Island durch, ließ dort die meisten zurück und segelte anschließend in einem Beiboot mehr als 700 Meilen in die Südwestküste Südgeorgiens, das er über einen alpinen Bergkamm voller Gletscher wohl als erster Mensch überquerte. In der Walfangstation an der Ostküste stellte er eine Rettungsexpedition für die Zurückgelassenen zusammen. Nach deren Rettung machte er sich an Illustriert wird die Schilderung von Originalfotos.
Über den Autor: Shackleton (1874 Kilkea [Irland] – 1922 Grytviken [Südgeorgien]) war ein Antarktis-Forscher, der von Robert F. Scott, dem tragischen Südpol-Entdecker, wegen angeblicher Dienstunfähigkeit nach Hause geschickt wurde. Er leitete dennoch danach drei Weitere Expeditionen. In der beschriebenen versuchte er vergeblich, den Kontinent auf dem Landweg zu durchqueren. Nach der Genesung von den Strapazen der Expedition bewarb er sich für den Fronteinsatz im Frankreich des Ersten Weltkriegs. Er wurde aber nach Südamerika geschickt, um Chile und Argentinien zum Kriegseintritt zu bewegen. Nach dem Krieg rüstete er noch eine weiter Antarktis-Expedition aus, in deren Verlauf er an Herzinfarkt starb. Er gilt wegen seiner Forschungsaktivitäten, der Hartnäckigkeit und seiner fast schon antiautoritären Führungsqualitäten als einer der wichtigsten Briten aller Zeiten. https://de.wikipedia.org/wiki/Ernest_Shackleton
Anlass der Lektüre: Meine Frau schenkte mir das Buch.
Bewertung: Spannend und gleichzeitig lehrreich sowie den eigenen persönlichen Wohlstand und eventuelle kleine Unannehmlichkeiten sehr gut relativierend. Man muss sich warm anziehen, wenn einen bei der Lektüren nicht frösteln soll. Shackletons Schilderungen sind sehr ergreifend. Als musikalische Begleitung empfiehlt sich „Shackleton’s Voyage“ von Frank Bossert (https://eureka-music.de/ueber-eureka/); als Getränk beim Lesen ein Glas Mackinlay’s Shackleton Blended Malt ( https://www.whisky.de/whisky/aktuelles/nachrichten-details/article/mackinlays-shackleton-ein-whisky-mit-eisiger-vorgeschichte.html )