Das Internet der Lokomotiven

DB Schenker Rail digitalisiert und vernetzt Güterzugloks

Berlin, 11. September (ssl) „Unsere Lokomotiven sollen auch wissen, wie es ihnen geht.“ Markus Hunkel, Vorstand Produktion bei DB Schenker Rail AG, hat geradezu menschliche Züge an den Maschinen seines Unternehmens entdeckt. „Wir geben ihnen Thermometer, Arzt und Rezeptblock gleich mit.“ Im Ernst: Das Internet der Dinge macht auch vor den Güterzuglokomotiven der Deutschen Bahn nicht Halt. 

Eine moderne Elektrolok der Baureihe 189, hier vor einem gemischten Personen- und Güterzug, dem ersten, der von Deutschland nach Moskau auf die Reise ging. Das Bild entstand 2005 am Bahnhof Seddin südwestlich von Berlin.
Eine moderne Elektrolok der Baureihe 189, hier vor einem gemischten Personen- und Güterzug, dem ersten, der von Deutschland nach Moskau auf die Reise ging. Das Bild entstand 2005 am Bahnhof Seddin südwestlich von Berlin.

Hunkel berichtet vom erfolgreichen Pilotbetrieb bei einigen der 3.200 Elektrolokomotiven der Schienengüterverkehrs-Tochter der Deutschen Bahn. Sie wurden digitalisiert und miteinander vernetzt. Eine Lok der Baureihe 189 zum Beispiel habe sich neulich vor einem Zug von Decin in Tschechien nach Hamburg mit merkwürdigem Verhalten gemeldet. Da sie mit dem Produktionsnetzwerk verknüpft war, hätten ihre Symptome mit früheren Vorfällen bei anderen Loks verglichen werden können.

Und tatsächlich: Die Rechner signalisierten, dass vor einiger Zeit eine andere Lok derselben Baureihe dieselben Symptome gezeigt habe. Sie sei damals 24 Stunden später mit Motorschaden ausgefallen. Hunkel: „Wir hatten also 24 Stunden Zeit. Wir haben die Lok abgespannt, ins Reparaturwerk gebracht und ein anderes Triebfahrzeug vor den Zug gespannt.“ Ergebnis: „Der Zug war pünktlich, wir haben einen Großschaden vermieden und die Verfügbarkeit der Lok erhöht.“

Ab nächstem Jahr sollen, beginnend mit den Elektrolokomotiven, alle Triebfahrzeuge von DB Schenker Rail miteinander vernetzt werden. Sie tauschen dann Daten über ihren Zustand, ihre Position und ihre Zustandsentwicklung untereinander und mit der Zentrale aus. „Wir nehmen die Daten auf und suchen bei Unregelmäßigkeiten Muster, nach denen wir bei der Schadensanalyse und -behebung vorgehen.“

Bis 2020 solle der „relevante Teil der Flotte“ so ausgestattet werden, kündigte Hunkel am Donnerstag bei einem Workshop von DB Schenker in Frankfurt und Leipzig an. Das seien etwa 2.000 Stück. Besonders stolz sei er darauf, dass dies bei der bestehenden Flotte herstellerübergreifend geschehen soll und nicht nur auf Neuanschaffungen begrenzt ist. „Würden wir nur die neuen Loks miteinander vernetzen, bräuchten wir 35 Jahre, bis die Flotte digitalisiert ist“, sagte Hunkel.

Ziel dieser Digitalisierung soll ein europäischer „AssetControl Tower“ sein, der am Ende einen umfassenden Ansatz für die Fernwartung der Lokomotiven, aber auch der Güterwagen bereitstellen soll. Fahrzeugausfälle sollen so vermieden werden, mit vorausschauender Instandhaltung will DB Schenker Rail Schäden erkennen und beheben, bevor kostspielige Reparaturen und längere Standzeiten nötig werden. Die Kosten dieser Aufrüstung nannte Hunkel nicht im Detail. Er sagte, sie seien Teil einer 200-Millionen-Euro-Investition von Schenker Rail in verschiedene IT-Projekte.