Neue Automaten in der Straßenbahn – BVG testet bargeldloses Zahlen
In die Straßenbahn eingestiegen und wieder mal kein Kleingeld für den Automaten? Der nimmt das bald sowieso nicht mehr. Einfach Kreditkarte oder Smartphone dranhalten. Die BVG testet das jetzt.
Berlin, 19. Februar (ssl) In 36 Straßenbahnen und am Alexanderplatz testet die BVG seit Dienstag (18. Februar) neue Ticketautomaten. An ihnen ist bargeldloses Zahlen mit Karte und Smartphone möglich. Das bedeutet aber (noch) nicht das Ende der klingenden Münzen: In näherer Zukunft soll in jeder Tram auch ein Automat stehen bleiben, der auch Geld nimmt. Beim Test ging es den Machern der BVG erst einmal um die Haptik und das Design der neuen Automaten.
Im öffentlichen Nahverkehr gilt die App als Erfolgsmodell. „28 Prozent unserer Einzelfahrscheine und 25 Prozent der Monatskarten werden über die BVG-App gebucht“, sagt Martell Beck, der bei dem Unternehmen für Vertrieb und Marketing zuständig ist. „Tendenz steigend.“ Dazu kommen im bargeldlosen Verkehr 850.000 Abos, einschließlich S-Bahn sogar 1,1 Millionen, bei denen ohnehin weder Geld noch Automat nötig sind.
Warum also nicht das Erscheinungsbild der App auf die Ticketautomaten übertragen? „Wie eine App, nur größer“, steht auf dem Homescreen eines der beiden Automatentypen, die die Fahrgäste jetzt in 36 Straßenbahnen testen können. Und tatsächlich, wenn man den großen Touchscreen berührt, erscheinen die Symbole, die viele Leute von ihrem Smartphone kennen – wobei, wenn man die App schon hat, braucht man ja eigentlich keinen Automaten mehr, denn man kann das Ticket ja gleich im Handy buchen und bezahlen. Für alle, die sich nicht für jede Stadt, in der sie ein-, zweimal fahren, eine weitere App laden wollen: Der neue Automat kann auch Karten lesen (aber wieder einmal keine American Express) sowie Apple Pay und Google Pay. Und, BVG-Leute weggucken: Der DB-Navigator und andere können auch schon viele Nahverkehrs-Fahrscheine buchen.
Der andere neue Automat zeigt das Erscheinungsbild des bisherigen Geräts, nur eben mit größerem Bildschirm und ohne die Möglichkeit, Bargeld einzuwerfen. Die 450 Automaten in den Berliner Straßenbahnen sind inzwischen 30 Jahre alt, reparaturanfällig und nach allgemeiner Ansicht nicht mehr zeitgemäß. Sie weisen damit die doppelte statistische Lebensdauer einer Straßenbahn auf. Im Gegensatz zu den neuen sind die alten Geräte überdies nicht mit der Zentrale vernetzt, so dass bei jeder Tarifanpassung umständliche Einzelbehandlungen anfallen.
Größeres Angebot
Deutlich größer als bisher ist auch das Angebot. Monatskarten wirft der neue Automat ebenso aus wie Kleingruppenkarten, aber noch keine Jahreskarten. Allerdings ist es bisher auf die VBB-Tarife in Berlin beschränkt. Wer also nach Cottbus möchte – oder, was ja auch denkbar und praktisch wäre, am Hauptbahnhof in einen Zug umsteigen und in die große weite Welt hinaus -, der muss weiter stationäre Automaten benutzen oder eben den Ticketkauf gleich im Smartphone abwickeln. Dafür gibt es, wie gesagt, immer mehr Apps auch von Drittanbietern.
Kunden, die anonym zahlen möchten oder weder Abo noch App noch Kreditkarte haben, können das an dem herkömmlichen Automaten, der darüber hinaus weiterhin in jeder Tram steht. Dennoch machen Martell und der Straßenbahnchef Rico Gast kein Hehl daraus, dass sie sich Bargeldzahlung als Auslaufmodell wünschen.
Denn so ein Automat kostet auf jeden Fall eine fünfstellige Summe, und wenn er Münzen nehmen soll, „wird er durch die zusätzlich erforderliche Mechanik viel teurer“, gibt Gast zu bedenken. Auch die Wartung wird umständlicher, das Geld muss auf Echtheit geprüft und gespeichert werden, was Platz und Sicherheitsvorkehrungen erfordert. Selbst in der Tram seien schon Automaten aufgebrochen worden, sagt er. Beck hat für die Kunden, die kein Bargeld haben, noch eine andere Zukunftslösung im Visier: Prepaid-Karten, die der Kunde im Supermarkt an der Kasse kauft und dann an den Automaten hält, der die Ticketkosten dann abbucht. Den wirklich Armen in Berlin hilft das allerdings auch nicht weiter.
Ein Millionending sind die neuen Automaten allemal. So eine Maschine schlägt mit einer “mittleren fünfstelligen Summe” (Gast) pro Stück zu Buche, und 500 sollen bestellt werden. Der Plan: In sechs Monaten rechnet Gast mit ersten Ergebnissen, nach einem Jahr Test startet die Ausschreibung, in zwei Jahren sollen die ersten Serienexemplare in den Trams stehen. Sie sollen dann wieder mindestens 15 Jahre halten.