Soll Fliegen teurer werden? McKinsey-Studie nennt Luftverkehr unattraktiv für Investoren
Genf/Berlin, 01. Juli (ssl) Mit Gewinnmargen knapp über vier Prozent sind Fluggesellschaften für Investoren eher unattraktiv. Die Airlines sollten deshalb nach effektiveren Modellen des Wettbewerbs und der Partnerschaften suchen, empfahl ihr Dachverband IATA am Montag in Genf bei der Veröffentlichung einer Studie der McKinsey-Wirtschaftsberater. Just an dem Tag, an dem Lufthansa ihren Direktverkehr auf Billigflug im weitesten Sinn umstellt, könnte zwischen den Zeilen der Studie zu lesen sein, dass Partnerschaft auch darin besteht, die Profiteure der bisherigen Rationalisierungs-Anstrengungen für die Gewinnmaximierung heranzuziehen, zum Beispiel die Fluggäste über die Ticketpreise.
Zwar habe sich der Gewinn (Return on invested capital, ROIC) von 2004 bis 2011 von 3,8 auf 4,1 Prozent erhöht, räumt McKinsey der IATA zufolge ein, aber diese Quote sei weit von den 7,5 Prozent entfernt, die Investoren aus ihrem Kapital hätten ziehen können, wenn sie ihr Geld in Anlagen gleicher Risikoklasse außerhalb der Airline-Industrie gesteckt hätten. Die Differenz bezifferte die IATA auf 17 Milliarden US-Dollar (13,06 Milliarden Euro) jährlich. „Wenn wir nicht Wege zur Aufbesserung der Marge finden, dürfte es schwierig werden, die vier bis fünf Billionen Dollar Kapital aufzutreiben, die für das Verkehrswachstum in den nächsten zwei Jahrzehnten besonders in den Schwellenländern nötig sind.“
Die Studie „Profitability and the Air Transport Value Chain“ zeige überdies, dass Fluggesellschaften das am wenigsten profitable Glied in der Wertschöpfungskette des Luftverkehrs seien, schrieb die IATA weiter. Die anderen Glieder hätten nachhaltig gute Gewinne erwirtschaftet. Als Beispiel wurden Lieferanten des Treibstoffs, des größten Kostenfaktors der Fluggesellschaften genannt. Die Mineralölkonzerne hätten zwischen 16 und 48 Milliarden Dollar ihrer jährlichen Profite allein aus dem Luftverkehr gezogen. Der profitabelste Bereich aber seien die Reservierungssysteme mit einer Marge von durchschnittlich 20 Prozent, gefolgt von den Luftfrachtspediteuren mit 15 Prozent.
Der Dachverband räumt ein, dass die hohen Profite der einen und uneffiziente Kosten der anderen in der Wertschöpfungskette nur die eine Seite der Medaille seien. In absoluten Zahlen hätten die Airlines ihre Transportkosten dank besserer Wirkungsgrade beim Treibstoff und anderer Produktivitätszuwächse zwar halbiert. Am Ende habe das aber lediglich zu besseren Kennziffern bei der Produktivität und zu Vorteilen bei den Kunden geführt und nicht zu höheren Renditen für die Investoren. Die Studie zeige, dass dies eher in der hoch fragmentierten Struktur und der Art des Wettbewerbs liege als in der Transportkette. “Die ‘leichtverderbliche’ Natur der Plätze im Flugzeug und die sehr geringen Nebenkosten, einen zusätzlichen Passagier mitzunehmen, ist auch ein Grund, warum der Wettbewerb oft über Flugpreise läuft, die unter den Gestehungskosten liegen”, heißt es in der Studie.
„Effektivere Partnerschaften unter den Akteuren sind gefragt“, wurde IATA-Generaldirektor Tony Tyler zitiert. „Effizienzgewinne sind ein Win-win für alle Beteiligten. Wir haben das gesehen bei der Umstellung auf elektronische Buchungssysteme und der Einführung globaler Sebstbedienungs-Standards.“ Nicht nur die Partner in der Industrie hätten davon profitiert, sondern auch die Kunden hätten durch komfortablere Prozesse Nutzen daraus gezogen. An die Adresse der Regierungen richtete er den Appell, länderübergreifende Konsolidierungen durch Lockerung der nationalen Regulations-Mechanismen zu ermöglichen.
Zur Studie: http://www.iata.org/whatwedo/Documents/economics/Profitability-and-the-air-transport-value-chain-final.pdf